Was junge Chirurgen besser machen sollten

Das sind interessante Informationen für angehende Chirurginnen und Chirurgen: Eine Studie zeigt, was pensionierte Chirurgen rückblickend anders machen würden.

, 17. März 2021 um 09:16
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Vor allem mehr Zeit hätten sie gerne gehabt – und zwar nicht nur für ihre Familie, sondern auch für sich selber: Rund 300 von 2300 pensionierten Chirurgen sind sich einig darüber, dass in ihrem Beruf das Privatleben zu kurz gekommen sei.

2300 Chirurgen nahmen teil

Das zeigt eine Studie in der amerikanischen medizinischen Fachzeitschrift «Journal of the American Medical Association» (Jama). 2300 von 5200 angefragten pensionierten Chirurgen machten dabei mit.
Deren Durchschnittsalter: 79 Jahre. Fast alle Befragten sind Männer, was nicht erstaunt. Denn zum Zeitpunkt ihrer Ausbildung – vor rund 60 Jahren - gab es noch kaum Frauen, welche diese Karriere einschlugen.

Die Work-Life-Balance nicht gefunden

Erstaunlicher ist: Die Hälfte der pensionierten Chirurgen ist rückblickend nicht zufrieden mit dem Berufsleben. Sie beantworteten die Frage, ob sie in ihrem Leben und ihrer Karriere als Chirurg etwas anders gemacht hätten, mit «Ja».
Was sie im Detail anders gemacht hätten, zeigt die untenstehende Grafik. Die vier häufigsten genannten Gründe für Reue betreffen alle die bessere Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben: Fast 20 Prozent hätten lieber einen Arbeitsplatz mit weniger Stress gewählt. Konkret: Sie wären lieber an einer Universität als in einer privaten Praxis tätig gewesen – und wenn schon in einer privaten Praxis, dann lieber in einer Gruppen- als in einer Einzelpraxis.

Lieber plastische oder orthopädische Chirurgie

Auch ein weniger aufwändiges und besser bezahltes Fachgebiet hätten sich viele vorstellen können: Etwa die plastische, orthopädische oder die Kinderchirurgie. Und nicht zuletzt hätten sich 6 Prozent der Unzufriedenen sogar eine nicht-medizinische Karriere gewünscht.
Die Autoren waren über ihre Befunde etwas erstaunt: «Sie scheinen der allgemein verbreiteten Auffassung zu widersprechen, dass ältere Generationen von Chirurgen weniger Wert auf ihr Privatleben gelegt haben, als das heute jüngere tun.»

Privatleben war damals gar kein Thema

Eine Erklärung für diesen Widerspruch könnte gemäss den Autoren sein, dass die damaligen Anforderungen am Arbeitsplatz, die Berufsregeln und die kulturellen Normen gar keine Diskussion über die Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben zugelassen haben.
Umso mehr hätten pensionierte Chirurgen nun die Möglichkeit, jüngere Chirurgen und Chirurginnen dabei zu unterstützen, eine gesündere und erfülltere Karriere ohne nachträgliche Reue anzustreben.
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Grafik: em, Quelle: JAMA

Weitere Nennungen, die in der Grafik nicht aufgeführt sind

Einzelne Befragte hätten sich lieber mehr der Forschung gewidmet oder sich bessere Praxispartner ausgewählt. Manche Chirurgen wären rückblickend auch gerne anpassungsfähiger gewesen, wären mehr Risiken eingegangen, hätten mehr Zeit mit Patienten verbracht oder früher für die Pensionierung gespart.
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