Wann gestehen Ärzte Fehler ein? Und wann nicht?

In einem kleinen Test zögerte eine grosse Mehrheit der Ärzte, Fehler zuzugeben und von sich aus Entschuldigungen anzubieten. Allerdings: Verantwortungsbewusstsein bewiesen sie trotzdem.

, 26. Januar 2017 um 12:00
image
  • ärzte
  • kunstfehler
In der Theorie ist der Fall klar: Wer einen medizinischen Fehler begeht und dabei den Patienten schädigt, legt diesen Fehler offen dar – inklusive Erklärung, wie es dazu kam. Dass dies aber in der Praxis keine Selbstverständlichkeit ist, wissen wir nicht erst seit einigen spektakulären Fällen, wo plötzlich gegen Vertuschung gegen einzelne Ärzte oder ganze Kliniken ermittelt wurde.
Ohnehin: zwischen Ideal und illegal liegt die grosse Grauzone. Hier stellt sich die Frage, wie bereitwillig heutige Mediziner zur Offenlegung neigen. Und wo ihre Grenzen sind.
Ein kleiner Test, veröffentlicht im BMJ-System, hat diese Grauzone nun ausgelotet. Dabei wurde eine Auswahl von Grundversorgern mit zwei hypothetischen Fällen konfrontiert. 
Erwähnt sei, dass es um Krebspatienten ging – die Auswahl fokussierte sich auf Ärzte, die in der Onkologie tätig waren. Und in beiden Szenarien gab es mehrere «Schuldige»: Das Problem entstand aus Kommunikations- und Koordinations-Problemen zwischen verschiedenen Beteiligten.
Das Ergebnis war dabei erstaunlich klar: Über 70 Prozent der befragten Ärzte sagten, sie würden nur begrenzt oder gar keine Informationen über den Fehler anbieten; sie würden nur begrenzt oder keine Erklärung stellen; und sie würden sich nur begrenzt oder gar nicht entschuldigen. Und dies in beiden Szenarien.
Gewiss, die Auswahl war begrenzt – befragt wurden 297 Ärzte von HMO-Systemen in den USA –, aber der Test deutet doch an, dass die Bereitschaft zur Offenlegung in der Praxis kleiner sein könnte als viele glauben.

Kernfrage: Wie ernsthaft ist der Fehler?

Allerdings: So einfach ist die Sache nicht. Denn je ernster der Fehler war, desto eher waren die Ärzte bereit, sich auch zu ihrer Schuld zu bekennen: Wenn die «perceived seriousness of the event» und die «perceived personal responsibility» hoch waren, dann war auch die Bereitschaft zur Offenlegung höher.
Man könnte also auch folgern: Die Ärzte sind in der Tat bereit, Verantwortung zu übernehmen. Aber das vor allem, wenn es wirklich ernst gilt.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Ärztemangel: Bern drohen weitere Versorgungsengpässe

Auch Fachgebiete wie die Endokrinologie, Gynäkologie und Rheumatologie sind zunehmend betroffen. Das zeigen aktuelle Zahlen der Ärztegesellschaft des Kantons Bern.

image

SAMW: Drei neue Ehrenmitglieder

Der Senat wählte zudem Arnaud Perrier zum neuen Präsidenten der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften.

image

Aargauischer Ärzteverband: Neuer Präsident

Der Nachfolger von Jürg Lareida heisst Thomas Ernst.

image

Das sind die SGAIM-Preisträger

Die Schweizerischen Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin hat fünf Projekte mit Fokus «Sonografie» ausgezeichnet.

image

Hausarzt wehrt sich gegen Klima-Behauptungen

Ein Zeitungsartikel suggeriert, dass wir uns zwischen Gesundheit und Klimaschutz entscheiden müssten. Ein Arzt aus dem Emmental widerspricht.

image

Verurteilt: Berner Pflegefachfrau gibt sich als Ärztin aus

Im heimischen Sprechzimmer stellte sie Atteste aus und versuchte sich als Ärztin. Damit reiht sie sich ein in eine lange Liste von «Hochstaplern in Weiss».

Vom gleichen Autor

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.