Jeder Arzt kennt das Dilemma: Der Patient hat Schnupfen, Husten und erhöhte Temperatur. Soll er Antibiotika erhalten oder nicht? Bekanntlich werden gerade bei Infektionen der oberen Atemwege häufig Antibiotika verabreicht.
Dies, obschon sie gegen Erkältungen gar nicht nützen, da die meisten Erkältungsinfektionen von Viren verursacht werden. Antibiotika werden häufig darum verschrieben, um Komplikationen wie etwa einer Lungenentzündung vorzubeugen.
Studien aus den USA gehen davon aus, dass die Hälfte der Antibiotika-Verschreibungen unnötig sind. Auch in der Schweiz warnt der Bund vor unsachgemässem und übermässigem Antibiotikaeinsatz. Am World Economic Forum (WEF) rief die globale Pharmaindustrie zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Antibiotika auf (siehe
hier).
Art der Immunabwehr wird gemessen
Ein neuer, von US-Wissenschaftlern entwickelter Bluttest soll die Frage «Viren oder Bakterien?» rasch beantworten - und so dazu beitragen, den Antibiotikakonsum zu reduzieren.
Mit der Methode wird nicht der Erreger selbst ermittelt, sondern die Reaktion des Körpers auf die Infektion erfasst. Je nachdem, ob das Immunsystem Viren oder Bakterien bekämpfen muss, sind bestimmte Gene aktiv. Indem deren Aktivität gemessen wird, erhält man Hinweise auf die Ursache der Beschwerden.
Test noch nicht praxisreif
Der Test lieferte in der Studie gute Resultate. In 87 Prozent der Fälle wurde der Erreger zuverlässig ermittelt. Die Methode ist aber noch nicht reif für die Praxis, weil sie zu lange dauert. Gemäss Geoffrey Ginsburg dauert es 12 Stunden von der Blutentnahme bis zur Ergebnis.
Ziel ist es, die Zeitspanne auf eine Stunde zu reduzieren. Die Wissenschaftler wollen nun den Test weiterentwickeln. Ob und wann er auf den Markt kommt, ist noch unklar.
Zur Studie:
«Host gene expression classifiers diagnose acute respiratory illness etiology» in «Science Translational Medicine», 20. Januar 2016