Verhütungsspirale führte auch in der Schweiz zu Komplikationen

Erneut werden Unzulänglichkeiten im Zulassungsprozess für Medizinprodukte in der Schweiz aufgedeckt. Dieses Mal geht es um die umstrittene Spirale Essure von Bayer.

, 14. Januar 2019 um 10:12
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Nach den schadhaften künstlichen Bandscheiben Cadisc-L ist jetzt ein neues Produkt in der Schweiz durch die Maschen der Zulassung gefallen. Denn die Verhütungsspirale Essure von Bayer hat auch in der Schweiz Komplikationen verursacht, wie die «NZZ» jetzt berichtet.
Obwohl Ärzte in der Schweiz das umstrittene Produkt verwendeten, finden sich in der Datenbank von Swissmedic keine Einträge zu Rückrufen und Sicherheitsmassnahmen. In den USA und in Europa hingegen ordneten die Behörden im Fall der Verhütungsspirale Warnungen an – zum Teil vor lebensbedrohlichen Nebenwirkungen.

Swissmedic wusste davon nichts

«Swissmedic ist nicht bekannt, dass das Produkt in der Schweiz je auf dem Markt war», sagte Sprecherin Danièle Bersier gegenüber der Zeitung. Die Chefgynäkologen der Unispitäler Zürich (USZ) und Basel (USB) sagen das Gleiche.
Anders das Unispital Lausanne (CHUV): Dort wurde die Spirale laut der NZZ in 12 Fällen implantiert, bis ins Jahr 2014. Von neun Deutschschweizer Kantonsspitälern setzte aber keines Essure ein. Offenbar sind Westschweizer Gynäkologen eher Frankreich zugewandt; das Land bildete den zweitgrössten Markt für das Produkt.

Insel Gruppe mit Therapieangebot

Die Verhütungsspirale Essure verursacht offenbar schwere Komplikationen. Die Nebenwirkungen: Kopf- oder Rückenschmerzen, Depression, Gedächtnisverlust. In den USA meldeten Ärzte der Aufsichtsbehörde FDA mehr als 26'000 Zwischenfälle, auch mehrere Todesfälle werden mit der Verhütungsspirale in Zusammenhang gebracht. 
Essure sorgte auch in der Schweiz für Probleme. Das Inselspital Bern hat deswegen sogar ein Therapieangebot eingerichtet – für Frauen mit gesundheitlichen Problemen wegen Essure. «In den letzten fünf Jahren haben wir rund ein Dutzend Patientinnen behandelt, etwa die Hälfte von ihnen hat die Chance, nach der Behandlung weniger Schmerzen zu haben», wird eine Sprecherin im Bericht zitiert. Am Inselspital selbst wurde das Produkt aber nicht eingesetzt.

Bayer erstattete Meldung

Das Implantat Essure, das in den Eileiter geschoben wird, gilt als günstige, unkomplizierte Alternative zur Unterbindung. Die meisten Implantate dürften in der Schweiz nicht Kliniken, sondern Praxen eingesetzt haben. So wirbt eine Gruppenpraxis in Genf bis heute im Netz mit Sterilisationen durch Essure. Die Verhütungsspirale besteht aus Nickel, Titan, Eisen, Chrom, Silber-Zinn, Platin und PET.
Hersteller Bayer sagte der Zeitung, Meldung erstattet zu haben. «Bayer Schweiz kommt der gesetzlichen Meldepflicht gegenüber Swissmedic sehr wohl nach und hat der Behörde die meldepflichtigen Einzelfälle, die dem Unternehmen zur Kenntnis gebracht wurden, gemeldet», sagt eine Sprecherin. Indirekt bestätige das Unternehmen, dass es Patientinnen in der Schweiz gibt.
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