Uniklinik Bonn will Streiks gerichtlich verbieten lassen

Pflegekräfte der Unikliniken in Nordrhein-Westfalen streiken für mehr Personal und bessere Arbeitsbedingungen. Aus Sicht der Uniklinik in Bonn ist der Arbeitskampf rechtswidrig.

, 14. Juni 2022 um 10:30
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Die Gewerkschaft Verdi fordert von sechs nordrhein-westfälischen Universitätskliniken (Aachen, Bonn, Düsseldorf, Essen, Köln und Münster) seit Monaten bessere Arbeitsbedingungen für die Pflegekräfte und weitere Beschäftigte. 
Wie verschiedene deutsche Medien berichteten, will die Gewerkschaft einen Tarifvertrag zur Entlastung des Personals aushandeln.

Schon seit mehreren Wochen wird gestreikt

Rund 12’000 Unterschriften von Beschäftigten wurden bis im März 2022 gesammelt: Sie alle sprechen sich für den geforderten Tarifvertrag aus. Seit sieben Wochen streiken Angestellte der sechs Unikliniken nun schon. Parallel dazu werden von Verdi seit wenigen Wochen Verhandlungen mit den Klinikleitungen geführt, wie die «Zeit» schreibt.

Uniklinik Bonn will Streiks untersagen lassen

Bisher habe es jedoch kaum eine Annäherung der Parteien gegeben. Im Gegenteil: Aktuell will die Uniklinik Bonn die organisierten Streiks von Verdi im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens per Gerichtsbeschluss verbieten lassen. In dem Eilrechtsschutzverfahren gehe die Uniklinik gegen einen erneuten Streikaufruf von Verdi für den Zeitraum vom 11. bis 17. Juni vor, ist in der «Zeit» zu lesen.
Wie die Zeitung weiter schreibt, verstösst aus Sicht der Klinik der Arbeitskampf unter anderem gegen die Friedenspflicht. Dieser sei wegen «fehlender Erstreikbarkeit der Forderungen rechtswidrig». Eine weitere Hinnahme der Streikmassnahmen sei aus medizinischer Sicht «im Interesse der Patienten nicht mehr vertretbar», habe es seitens der Klinik geheissen.

Demo parallel zum Arbeitsgerichtstermin

Wie die Zeitung schreibt, haben die Bonner Polizei und die Gewerkschaft Verdi mitgeteilt, dass parallel zum Arbeitsgerichtstermin von heute Dienstag eine landesweite Demonstration zum Thema «Tarifvertrag Entlastung - Einstweilige Verfügung gegen Unterlassung des Streiks» stattfindet. Es werden mit 500 Teilnehmern gerechnet.
Verdi habe am Montagnachmittag mit «harscher Kritik» auf den juristischen Vorstoss reagiert, heisst es im Artikel der «Zeit». Gemäss Verdi ist dieser Vorstoss mit den fünf anderen nordrhein-westfälischen Unikliniken abgestimmt worden.

Das sagt die Gewerkschaft Verdi

Die Gewerkschaft ist der Ansicht, anstatt gerichtliche Auseinandersetzungen vom «Zaun zu brechen», sollten die Klinik-Vorstände lieber dazu beitragen, schnelle Lösungen am Verhandlungstisch zu finden. Die einstweilige Verfügung ziele darauf «die Axt an das Streikrecht der Beschäftigten zu legen», kritisierte die Verdi-Landesleiterin. «Die Uniklinik Bonn zweifelt mit der einstweiligen Verfügung die Rechtmässigkeit der Streikmassnahmen an», zitiert die Zeitung die Verdi-Landesleiterin.

Zwischenfall in Essen

Wie im Bericht weiter zu lesen ist, haben laut Verdi rund 100 Streikende der Uniklinik Essen den Vorstand aufgefordert, Stellung zu dem Bonner Eilantrag zu nehmen. Auf Initiative des Klinik-Vorstandes seien sie dann von der Polizei aus den Räumlichkeiten verwiesen worden. 
Nach diesem Zwischenfall hätten die Arbeitgeber eine für den gestrigen Montagnachmittag geplante Verhandlungsrunde abgesagt. Es sei «haarsträubend, wie die Unikliniken mitten in den Verhandlungen konstruktive Gespräche unterlaufen und den Konflikt anheizen. Das verstärkt die Wut und Entschlossenheit der Beschäftigten», betonte die Verdi-Landesleiterin. 
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