Übersterblichkeit: Immer noch grosse regionale Unterschiede

In der Genferseeregion liegt die Übersterblichkeit trotz deutlichem Rückgang noch oberhalb der Bandbreite, innerhalb deren Schwankungen als zufällig gewertet werden.

, 14. Mai 2020 um 13:00
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Seit Mitte März zeigt sich auf gesamtschweizerischer Ebene eine so genannte Übersterblichkeit. Kurz: Es sterben mehr Menschen, als statistisch zu erwarten wäre. Diese verläuft in den Schweizer Grossregionen unterschiedlich, wie aktuelle Zahlen des Bundesamtes für Statistik erneut zeigen.
So wurde im Tessin die Übersterblichkeit bereits in Kalenderwoche 11 sichtbar (ab 9. März). Bei ihrem Höhepunkt in Kalenderwoche 14 (bis 5. April) erreichte sie mehr als das Dreifache der üblichen Zahl an Todesfällen.

Region Genfersee am zweitstärksten betroffen

Ab Kalenderwoche 12 (ab 16. März) war dann die Genferseeregion betroffen, in Kalenderwoche 14 starben dort doppelt so viele Menschen, wie normalerweise in dieser Woche erwartet würden. Damit ist sie die am zweitstärksten betroffene Region, bezogen auf das Ausmass der Übersterblichkeit.
Ab Kalenderwoche 13 (ab 23. März) war schliesslich die Nordwestschweiz betroffen, in Kalenderwoche 14 deutlich. Und ab Kalenderwoche 14 zeigt sich ebenfalls im Espace Mittelland, im Kanton Zürich und in der Ostschweiz eine leichte Übersterblichkeit, wie die Grafik zeigt. In der Zentralschweiz wird sie erst in Woche 16 (bis 19. April) knapp sichtbar.
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Quelle: BFS– Mortalitätsmonitoring (Stand: 12.05.2020)

Geringere Übersterblichkeit als 2015

In Woche 18 (bis 3. Mai) sinkt die Zahl der Todesfälle dann wieder in den meisten Regionen, ausser in Zürich und der Nordwestschweiz, wo sie aber trotzdem noch in der erwarteten Bandbreite (grau) liegt. Innerhalb diesem Range werden die Schwankungen als zufällig gewertet.
Nur in der Genferseeregion liegt die Übersterblichkeit derzeit trotz deutlichem Rückgang noch oberhalb der erwarteten Bandbreite. Das Total der Übersterblichkeit während der ersten Corona-Welle in der Schweiz beträgt derzeit 1'054 Todesfälle. Zum Vergleich: In der Grippesaison 2015 starben 1'322 Menschen mehr als statistisch erwartet worden war.

Todesfälle Unter-65 statistisch normal

In fast jedem Jahr sterben mehr Menschen als dies statistisch zu erwarten wäre, etwa durch starke Grippe- oder Hitzewellen. Die diesjährige Übersterblichkeit im Frühjahr ist laut Bundesamt für Statistik «zweifelsfrei auf die aktuelle Coronavirus-Pandemie zurückzuführen». Es ist aber falsch, alle diese Fälle nun allein Covid-19 zuzuschreiben, weil es selten die einzige Todesursache ist. 
Bei den Unter-65-Jährigen gibt oder gab es dieses Jahr bislang keine Übersterblichkeit: Die Sterblichkeit lag in den vergangenen Wochen im oberen Bereich der erwarteten Bandbreite, insbesondere in der Genferseeregion und im Tessin. Inzwischen hat sie in Woche 18 (ab 27. April) in allen Regionen zudem wieder abgenommen. 
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Quelle: BFS– Mortalitätsmonitoring (Stand: 12.05.2020)
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