VR-Präsidentin Annamaria Müller (HFR)
Auch das Hôpital Fribourgeois (HFR) hat während dem Corona-OP-Verbot seine Operationstrakte «bis auf weiteres» geschlossen. Das Spital fährt den Betrieb nun aber nicht wieder hoch, sondern organisiert die bisherige Operationstätigkeit neu. Der Verwaltungsrat, unter der Leitung der ehemaligen Berner Spitalamtschefin Annamaria Müller, hat folgende Entscheide getroffen:
- Riaz: Bis spätestens Anfang 2021 sollen ambulante Operationen wieder aufgenommen werden. Dies zur Entlastung, bis in Freiburg die Strukturen für ein ambulantes Operationszentrum geschaffen sind. Die temporäre Wiederaufnahme in Riaz hat eine Renovation der OP-Säle und bauliche Massnahmen zur Folge. Gemäss HFR spricht für den Standort, dass die OP-Tätigkeit fast doppelt so hoch ist wie in Tafers, mehr Personal-Ressourcen zur Verfügung stehen und das Einzugsgebiet grösser ist. Die während der Krise geschlossene Notfallstation wird definitiv in eine Permanence umgewandelt: mit verlängerten Öffnungszeiten von 7.00 bis 22.00 Uhr.
- Tafers: Die Operationstätigkeit wird aufgehoben, endoskopische Eingriffe aber weiterhin durchgeführt. Die Notfallstation wird wieder rund um die Uhr geöffnet, so rasch als möglich beziehungsweise Anfang 2021. Diese Massnahme werde aufrechterhalten, bis die Umwandlung der Aussenstandorte in ein Gesundheitszentrum weiter fortgeschritten sei.
Millionenverlust für die Chirurgie und Orthopädie
Die Corona-Krise beschleunige die Umsetzung der Strategie 2030, teilt das Spital mit. Diese umfasst bekanntlich unter anderem die Verbesserung der Effizienz und eine Zentralisierung der gesamten Operationstätigkeit am Standort Freiburg.
Das HFR führt heute an den drei Standorten Freiburg, Tafers und Riaz im stationären Setting ambulante Operationen durch und schreibt damit allein für die Chirurgie und Orthopädie einen Verlust von neun Millionen Franken pro Jahr.
Personalengpässe und zu tiefe Auslastung
Für die Entscheide seien zudem Faktoren wie ineffiziente Strukturen, Personalengpässe und die zu tiefe Auslastung ausschlaggebend gewesen, heisst es weiter. Die Verluste pro Fall in Riaz und Tafers seien in der Chirurgie und Orthopädie rund doppelt so hoch wie in Freiburg. An beiden Standorten sollen aber weiterhin entsprechende Sprechstunden angeboten werden.
Die Neuorganisation kommt nicht ganz unerwartet: Anfang Mai hat Medinside hier die Frage gestellt, ob das Corona-Virus gerade rechtzeitig komme, um die Spitäler Riaz und Tafers zu redimensionieren? Damals hiess es,
diese Frage liesse sich nicht beantworten. Das Spital betonte aber gleichzeitig, dass die Erfahrungen trotz der geschlossenen Operationssälen in Riaz und Tafers gut seien.
Strukturwandel: Weitere Spitäler könnten folgen
Es ist nicht das erste Mal, dass nach der Corona-Pandemie ein Spital den OP-Betrieb einstellt. Anfang Woche haben
bereits die St. Galler Spitalverbunde angekündigt, den OP-Betrieb im Spital Rorschach ganz einzustellen. Der Verwaltungsrat verzichte auf eine Wiederaufnahme des OP-Betriebs, unter anderem «aufgrund der personellen und infrastrukturellen Ausgangslage und der geografischen Nähe zum Standort St.Gallen.
Anzahl Operationssäle:
- HFR Tafers 3
- HFR Riaz 4
- HFR Freiburg – Kantonsspital 9+1
Auslastung der Operationssäle:
- HFR Tafers 38 Prozent (ohne Endoskopie)
- HFR Riaz 36 Prozent
- HFR Freiburg – Kantonsspital 44 Prozent
- Richtwert: 50-70 Prozent
Anzahl Operationen 2019 (Chirurgie und Orthopädie)
- HFR Tafers 1’372
- HFR Riaz 2’308
Anzahl Patienten im Durchschnitt an den Notfallstationen Riaz / Tafers nachts (22.00 – 8.00 Uhr, vor Coronakrise)