So setzt Roche beim BAG die Medikamentenpreise durch

Wie laufen Preisverhandlungen für Medikamente zwischen Pharma-Firmen und dem Bundesamt für Gesundheit (BAG)? Einen Einblick liefert das Beispiel des Krebsmedikaments Perjeta von Roche.

, 30. Januar 2019 um 21:42
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Das Brustkrebs-Medikament Perjeta kam vor sechs Jahren in der Schweiz mit einem Preis von 3'450 Franken auf den Markt. Pharma-Hersteller Roche hatte ursprünglich 3'950 Franken verlangt. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) strebte hingegen einen Preis von 1'850 Franken an. Heute kostet Perjeta rund 3'000 Franken.
Der Pharma-Riese konnte den höheren Preis gegenüber dem BAG durch eine Rabattlösung durchsetzen. Dies zeigen Recherchen der SRF-Sendung Rundschau. Dabei wurde den Krankenkassen ein Rabatt von über 2'000 Franken auf den Listenpreis gewährt, laut Roche ein Pioniermodell. Und für das Unternehmen ist der Preis für Perjeta transparent und mit allen Beteiligten zustande gekommen.

Verschwindet sonst von der Spezialitätenliste

Max Giger, langjähriger Präsident der eidgenössischen Arzneimittelkommission (EAK), bezeichnet den ursprünglichen Preis von 3'950 Franken als «Schaufensterpreis». «Je höher der Schweizer Preis ist, desto eher kann man auch im Ausland einen hohen Preis verlangen», erklärte der Medikamenten-Experte in der Rundschau. 
Giger sagte weiter, solche Verhandlungen seien bis heute vertraulich und intransparent. Und: «Das BAG versucht zwar einen tieferen Preis auszuhandeln, läuft aber zunehmend auf.» Entweder das Bundesamt komme den geforderten Preisen nach oder das Medikament laufe Gefahr, nicht auf die Spezialitätenliste gesetzt zu werden.

Ein harter Kampf: Mehrere Fälle vor Gericht

Es scheint, dass sich das BAG bei der Festsetzung der Preise unter Druck setzen lässt. Denn Roche hat laut den Recherchen im Fall von Perjeta mehrmals ein Scheitern der Verhandlungen in Kauf genommen. Zudem stand das Medikament ein Jahr lang nicht mehr automatisch auf der Spezialitätenliste, musste also nicht mehr von der Grundversicherung vergütet werden und war für Patientinnen nur über Ausnahmegesuche verfügbar.
Für BAG-Vizedirektor Thomas Christen ist das Preismodell für Perjeta eine Erfolgsgeschichte. Man halte sich stets an die Gesetzgebung, so auch in diesem Fall, sagte er in der Rundschau. Und der Preis sei günstiger als in der EU. Christen verhehlt aber nicht, dass das Bundesamt unter Druck der Industrie stehe. So stehe das BAG derzeit in 60 Fällen vor Bundesverwaltungsgericht, weil keine Preiseinigung erzielt worden sei.
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