Telemedizin: Auch in Deutschland wird man lockerer

In Baden-Württemberg sind Ärzte daran, das Fernbehandlungs-Verbot zu kippen. Profitieren davon könnte nun auch «DocMorris», die Versandapotheke der Zur Rose Group.

, 16. August 2016 um 09:35
image
  • medikamente
  • e-health
  • telemedizin
  • praxis
Das neue E-Health-Gesetz in Deutschland ermöglicht es den Medizinern, in Einzelfällen Fernbehandlungen anzubieten. Trotzdem scheint eine komplette Abschaffung des Verbotes bei Ärzten wie Politikern kaum durchsetzbar.
So will die Bundesregierung Konzepte wie etwa das des britischen Telemedizin-Anbieters «Dr. Ed» verbieten. Apotheker sollen zudem grundsätzlich nur noch Rezepte beliefern dürfen, wenn zuvor ein direkter Kontakt zwischen Arzt und Patient stattgefunden hat.

Arzt beschwerte sich erfolgreich

Das Bundesland Baden-Württemberg scheint allerdings einen anderen Weg einzuschlagen, wie die «Deutsche Apotheker Zeitung» berichtet. Die dortige Ärztekammer hat vor kurzem nämlich beschlossen, ärztliche Behandlungen und Beratungen via Kommunikationsmedien zumindest teilweise zuzulassen.
Der Präsident der Landesärztekammer Baden-Württemberg erklärte der Zeitung, dass in Zukunft auch eine ausschliesslich telemedizinische Behandlung ohne Patientenkontakt möglich seien sollten. Ausstehend ist noch die Genehmigung der Änderung an der Berufsordnung von der Rechtsaufsicht der Landesärztekammer.
Aber warum jetzt plötzlich? Offenbar hatte sich ein baden-württembergischer Arzt erfolgreich beschwert: Der Mediziner soll für ein ausländisches Unternehmen von Stuttgart aus Video-Beratungen anbieten. Er habe sich «eingehend mit der Fernbehandlungsthematik auseinandergesetzt», so der Präsident der Landesärztekammer weiter.

Video-Abgabestelle: Neue Angriffsfläche für «DocMorris»

Diese Neuregelung könnte laut dem Bericht der «Apotheker Zeitung» für Apotheken erheblich an Bedeutung gewinnen. Denn die Versandapotheke «DocMorris» will im baden-württembergischen Hüffenhardt eine Video-Abgabestelle für Arzneimittel errichten. «DocMorris» gehört zur Schweizer Zur Rose Group und ist Marktführer im deutschen Pharma-Versandhandel. 
Das Gesundheitsministerium hatte sich in der Vergangenheit aber schon mehrfach gegen eine per Video gesteuerte Arzneimittelabgabe ausgesprochen. Kippt nun aber das Fernbehandlungsverbot für Ärzte in Baden-Württemberg, dürfte sich «DocMorris» schnell benachteiligt fühlen und einfordern, dass auch die Video-Apotheke in Hüffenhardt politisch unterstützt wird. 
Das sogenannte Fernbehandlungsverbot ist in Deutschland ein Teil der ärztlichen Berufsordnung. In den meisten geltenden Berufsordnungen heisst es: «Ärztinnen und Ärzte dürfen individuelle ärztliche Behandlung, insbesondere auch Beratung, nicht ausschliesslich über Print- und Kommunikationsmedien durchführen. Auch bei telemedizinischen Verfahren ist zu gewährleisten, dass eine Ärztin oder ein Arzt die Patientin oder den Patienten unmittelbar behandelt.»
Eine Fernbehandlung ist also nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen erlaubt. Die Juristen der Bundesärztekammer hatten 2015 erklärt, was Ärzte alles beachten müssen.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image
Der Ticker

Schritte und Fortschritte im Gesundheitswesen

Neues Brustzentrum im Bernbiet ++ So sieht das neue Spital fürs Tessin aus ++ 85 Prozent der Hauterkrankungen könnten fernbehandelt werden ++ Spitex mit Imagekampagne ++

image

Gefragter Aarauer Frauenarzt macht sich selbständig

25 Jahre lang war Dimitri Sarlos an der Frauenklinik des Kantonsspitals Aarau angestellt. Im Oktober eröffnet der Chefarzt eine eigene Praxis.

image

«Wenn Notfall-Praxen schliessen, wird es doppelt so teuer»

Ein Ex-Spitaldirektor warnt: Wenn die Kassen Notfall-Praxen keine Dringlichkeitspauschale mehr vergüten, wird es für alle sehr teuer.

image

Freie Praxisflächen an bester Lage in Oensingen

Im Glasgebäude in Oensingen, das direkt an der Autobahn A1 liegt, steht gesamthaft eine Fläche von 2'346 Quadratmeter zur Verfügung. Sie eignet sich für vielfältige Nutzungen vor allem im Medizin- und Gesundheitsbereich: Zum Beispiel für Facharztpraxen, Fitnesscenter, Physiotherapie etc.

image

Medgate: Der Tele-Hausarzt für jede und jeden

Die Medgate-Ärztinnen und -Ärzte sind rund um die Uhr an 365 Tagen für alle in der Schweiz versicherten Personen da. Das Ärzteteam berät und behandelt Patientinnen und Patienten bei allen medizinischen Fragen und Notfällen – rasch und kompetent.

image

Kantonsspital Aarau eröffnet weiteres Praxiszentrum

Die neue «Walk-in-Praxis» in Lenzburg soll die regionale Grundversorgung stärken – und die Notfallstation des KSA entlasten.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.