Patientensicherheit: Fragen Sie die Eltern

Mama und Papa kennen ihr Kind am besten – und bemerken Fehler von Ärzten und Pflegepersonal darum nicht selten am schnellsten. Eine neue Studie legt nahe, Eltern stärker in die Spitalsicherheit einzubeziehen.

, 1. März 2016 um 10:00
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Wenn der Kinderarzt einen Fehler macht, sind es nicht selten die Eltern, die ihn zuerst bemerken. Dies ist das Fazit einer US-Studie, die in zwei Kinderabteilungen in einem Spital in Boston durchgeführt wurde. Sie schlägt vor, Familien stärker in die Patientensicherheit einzubeziehen, um Fehlerquellen zu eliminieren. 

Einer von zehn Fehlern wurde von Eltern bemerkt

In einem von zehn Fällen fielen Eltern Fehler oder Irrtümer auf, welche die Ärzte nicht bemerkt hatten. «Eltern fallen andere Dinge auf als den Profis, und diese Informationen können hilfreich sein, um die Versorgung zu verbessern», lässt sich Studienleiter Alisa Khan zitieren. Er forscht auf dem Gebiet der Kinderheilkunde an der Harvard Medical School und am Boston Children's Hospital. Seine Studie wurde im Fachmagazin «Jama Pediatrics» veröffentlicht.
«Jeder, der schon hospitalisiert gewesen war, weiss, dass Krankenhäuser sehr komplexe Gebilde sind, in denen trotz aller Sicherheitsanstrengungen Fehler passieren können. Zusammen mit den Eltern können wir dafür sorgen, die Sicherheit zum Nutzen der Kinder zu erhöhen», so Khan. 

«Parent-Reported Errors and Adverse Events in Hospitalized Children», Alisa Khan, MD; Stephannie L. Furtak, BA; Matrice Melvin, MPH; Jayne E. Rogers, RN; Mark A. Schuster, MD; Christopher P. Landrigan, MD, in: «JAMA Pediatrics», 29. Februar 2016

In seiner Studie wertete Khan mit seinen Kollegen die Daten von 383 Kindern aus, die in den Jahren 2013 und 2014 einen Spitalaufenthalt hatten. Eltern füllten schriftlich Fragebogen aus, in denen sie «unerwünschte Ereignisse», die die Kinder erlebten, notierten. Die Angaben wurden von zwei Kinderärzten kategorisiert und ausgewertet. 
Die wichtigsten Resultate:

  • Insgesamt meldeten 34 Eltern (9 Prozent) 37 Zwischenfälle. 
  • Davon handelte es sich in 23 Fällen (62 Prozent) um Ärztefehler. Von diesen wiederum war etwa jeder Dritte vermeidbar. Sie hatten zur Folge, dass die Kinder länger hospitalisiert bleiben mussten.
  • In 9 Fällen (24 Prozent) waren andere Qualitätsprobleme im Spiel. 
  • In 5 Fällen (14 Prozent) handelte es sich weder um Ärztefehler noch sonstige Qualitätsprobleme. 

Patienteninformationen verwechselt

Zu den Zwischenfällen gehörten: Ein Fremdkörper wurde nach einer Behandlung vergessen, es passierten Medikamentenfehler, die Wundpflege war mangelhaft oder Katheter verursachten Infektionen. Auch Kommunikationspannen führten in vielen Fällen zu Fehlern, etwa wenn bei einem Schichtwechsel Änderungen in der Medikation nicht weitergegeben wurden oder sogar schriftliche Informationen für einen Patienten in ein anderes Patientendossier gelangten.  
Die Autoren halten fest, die Studie sei zu klein, um generelle Schlüsse daraus zu ziehen. Dennoch unterstreiche sie die wichtige Rolle der Eltern in der Spitalsicherheit. Eltern kennen ihre Kinder besser als jeder Profi, merken oftmals zuerst, wenn etwas nicht stimmt und spielen damit eine aktive Rolle in der Genesung des Kindes. Darum sollten alle Hinweise der Eltern ernst genommen werden. 
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