Nach OP: Espresso, Cappuccino und Kaffee nun auf Rezept

Eine am Kantonsspital Baden (KSB) durchgeführte Studie zeigt: Wer nach einer Darmoperation Kaffee trinkt, kann das Spital früher verlassen als Teetrinker.

, 9. Juli 2019 um 06:22
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Bei Patienten, die nach einer Darm-OP dreimal täglich Kaffee tranken, kam die Darmfunktion schneller wieder in Gang. Zu diesem Schluss kommt eine am Kantonsspital Baden (KSB) durchgeführte Studie.
Auch konnten diese Patienten das Spital einen Tag früher verlassen als jene, die nach dem Eingriff Kräuter- oder Früchtetee erhielten, wie das Kantonsspital Baden mitteilt. Und Kaffee wirke auch besser als das vielfach empfohlene Kaugummikauen.

Lieber Kaffee statt Tee

«Wir haben festgestellt, dass die Darmfunktion rascher wieder funktioniert, wenn die Patienten nach einem Eingriff Kaffee anstatt Tee oder Wasser trinken», sagt Antonio Nocito, Direktor des Departementes Chirurgie am KSB.

Das Kantonsspital verordnet seinen Patienten nach Darm-Eingriffen nun Kaffee. Im Schnitt konnten die Kaffeetrinker in der randomisierten Studie mit 115 Patienten nach der OP neun Stunden früher das WC aufsuchen als die Teilnehmer der Kontrollgruppe. 
Hasler-Gehrer, Simone, Linecker, Michael, Keerl, Andreas, Slieker, Juliette, Descloux, Alexandre, Rosenberg, Robert, Seifert, Burkhardt, Nocito, Antonio. «Does Coffee Intake Reduce Postoperative Ileus After Laparoscopic Elective Colorectal Surgery?», in: «Diseases of Colon and Rectum». April 2019.
Und mehr als 7 Prozent der Kaffee trinkenden Patienten hatten sogar innerhalb der ersten 24 Stunden nach der OP Stuhlgang, hingegen war dies nur bei 1,7 Prozent der Tee trinkenden Studienteilnehmer der Fall.

Liegt es am Koffein?

Die weiteren Vorteile liegen den Studienautoren zufolge auf der Hand: Kaffee sei kostengünstig und nebenwirkungsfrei. Nicht zu vergessen der psychologische Aspekt: «Es ist schön, dass die Patienten durch die Tasse Kaffee auch eine Art Wohlfühleffekt nach der Operation erleben», sagt Studienautorin und KSB-Oberärztin Simone Hasler-Gehrer.
Welcher Stoff im Kaffee übrigens den Darm in Schwung bringt, ist bislang nicht bekannt. Am Koffein scheint es jedoch nicht alleine zu liegen: So erzeugte in einer vergleichbaren Studie entkoffeinierter Kaffee einen ähnlichen Effekt.

Studie wurde ausgezeichnet

Der Deutsche Koloproktologen-Kongress in München zeichnete Hasler-Gehrers Arbeit im Frühjahr 2018 als beste wissenschaftliche Arbeit aus. «Die Auszeichnung zeugt davon, dass man mit guten Ideen auch an einem nicht-universitären Spital wissenschaftliche Forschung betreiben kann, die internationale Akzeptanz findet», sagt Hasler-Gehrer. 
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