Mein-Arzt-Chef hat ein Buch über seinen Fall geschrieben

Wegen Betrugs und Veruntreuung wurde der Mein-Arzt-Gründer zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Nun versucht der Österreicher seine Geschichte zu Geld zu machen, während ehemalige Angestellte wütend sind.

, 3. Dezember 2021 um 07:00
image
  • mein arzt
  • praxis
Ende August 2020 standen viele Patientinnen und Patienten der Arztpraxiskette Mein Arzt vor geschlossenen Türen. Das bereits überschuldete Unternehmen mit mehreren Praxen verfügte über keine flüssigen Mittel mehr – und stand vor dem Konkurs. Inzwischen wurden die meisten Konkursverfahren in den betroffenen Kantonen mangels Aktiven eingestellt. 
Um die Arztpraxen zu retten, die während dem ersten Lockdown noch mehr ins Straucheln gerieten, erhielt das Unternehmen durch fehlerhafte Angaben und unlauteren Methoden Corona-Kredite. Der Gründer tauchte unter und wurde im Herbst 2020 in Italien verhaftet. Im Juni 2021 verurteilte ihn das Gericht wegen Betrugs und Veruntreuung zu einer Freiheitsstrafe von 36 Monaten. Zehn Monate musste er insgesamt im Gefängnis verbringen. Seit Juli 2021 ist er frei, musste die Schweiz aber für fünf Jahre verlassen. 

«Grösster Coronabetrug der Schweiz»

Nun versucht der Österreicher seine Geschichte mit der Mein-Arzt-Praxiskette zu Geld zu machen, wie die «Aargauer Zeitung» berichtet. Mit einem Youtube-Kanal bewirbt der Unternehmer sein erstes Buch: «Mein Arzt – die 765 Tage». Im Buch schildert er seine Geschichte und spricht auch über seinen Aufenthalt im italienischen Gefängnis. 
Der 48-jährige Unternehmer bezeichnet die Geschichte als «den grössten Coronabetrug der Schweiz». Sein Start-up sei 2018 in der Schweiz «wie eine Rakete gestartet und 2020 im All abgeschossen» worden, schreibt er.  Sein Kanal auf Youtube hat acht Abonnenten und wird seit Anfang August betrieben. 

Die meisten Löhne sind weg

Viele ehemalige Angestellte der Praxiskette wiederum sind wütend. Die meisten blieben auf ihren Lohnforderungen sitzen. «Ich habe 23'000 Franken verloren», sagt eine damalige Mitarbeiterin gegenüber der Zeitung. Es handle sich um drei Löhne sowie Ferienguthaben und Spesen.
Zuletzt hat der Gründer der Mein-Arzt-Kette gemäss Zeitungsbericht sogar die Dreistigkeit besessen, seinen ehemaligen Angestellten eine Whatsapp-Nachricht zu schicken, in der er Werbung für sein Buch «Mein Arzt – die 765 Tage» machte.

Zweites Buch folgt bald

Der ehemalige Mein-Arzt-Chef hat bereits sein zweites Buch angekündigt: «Mein Arzt, das Geständnis». «Es zeigt die Lüge, die hinter dem Urteil steckt, und dass es für den Schaden an meinen Firmen unbedingt einen Schuldigen brauchte. Andernfalls hätte man mich mit Millionen entschädigen müssen», schreibt er auf seiner Webseite. 
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Migros: 1,3 Milliarden Umsatz im Gesundheitswesen

Der Detailhandels-Konzern baut sein Healthcare-Netzwerk auch nach dem Abgang von Fabrice Zumbrunnen aus.

image

Ex-KSW-Chefarzt lanciert interventionell-radiologische Tagesklinik

Christoph Binkert verbündet sich mit dem Medizinisch-Radiologischen Institut MRI in Zürich.

image
Gastbeitrag von Peter Baumgartner

Ambulante Psychiatrie: Ohne neue Berufsprofile und KI wird’s kaum gehen

Der Fachkräftemangel in der Psychiatrie verlangt einen massiven Umbau der Versorgung. Aber wie? Ein realistisches Zukunftsszenario.

image

Und wie schliessen wir dann das EPD an unser KIS an?

Fast 400 Millionen Franken nimmt der Bund in die Hand, um das Gesundheitswesen zu digitalisieren. Zugleich nimmt er die Software-Anbieter und Spitäler in die Pflicht.

image

Gefragter Aarauer Frauenarzt macht sich selbständig

25 Jahre lang war Dimitri Sarlos an der Frauenklinik des Kantonsspitals Aarau angestellt. Im Oktober eröffnet der Chefarzt eine eigene Praxis.

image

«Wenn Notfall-Praxen schliessen, wird es doppelt so teuer»

Ein Ex-Spitaldirektor warnt: Wenn die Kassen Notfall-Praxen keine Dringlichkeitspauschale mehr vergüten, wird es für alle sehr teuer.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.