Nach einem heftigen Zusammenprall sackt der Fussballer Fabian Schär mitten im Spiel Schweiz gegen Georgien zusammen. Doch nach einer kurzen Untersuchung auf dem Platz gibt der Teamarzt grünes Licht: Schär durfte weiterspielen. Der Verteidiger hatte offenbar alle Kontrollfragen, die ihm gestellt worden sind, richtig beantwortet. Es seien «keine Anomalie und kein neurophysiologisches Defizit» festgestellt worden, teilte der Schweizerische Fussballverband nach dem Spiel mit.
Gestern durfte Fabian Schär nur zuschauen
Erst für die gestrige Partie hat der Teamarzt Schär ein Spielverbot erteilt. Nach einem solchen Zusammenprall müsse sich der Spieler ein paar Tage erholen, begründete er. Nach dem Spiel sagte Schär: «Ich kann mich an gar nichts erinnern, ich war einige Sekunden K.o. Mein Schädel brummt noch. Zudem habe ich Nackenschmerzen und eine Beule an der Stirn.»
Dass Schär am Samstag aufstehen und die Partie zu Ende spielen durfte, stösst bei Fachleuten auf Unverständnis. Es habe zu viele Anzeichen für eine Hirnerschütterung gegeben, sagte Gery Büsser, Leiter des Swiss Olympic Medical Center und Teamarzt der ZSC Lions gegenüber dem «Tagesanzeiger». Schär hätte nach Büssers Ansicht nicht weiterspielen dürfen. Es habe nicht gereicht, dass der Spieler offenbar wach und ansprechbar war.
Während des Spiels fehlt die Zeit für seriöse Beurteilung
Der Spezialist kritisiert, dass im Fussball meistens die Zeit fehle, Spieler mit Kopfverletzungen ausreichend zu beurteilen. Fast immer gelte die Devise: Wer reden und laufen kann, kann auch weiterspielen. «Das darf nicht mehr so sein», findet Büsser, der das Problem aus dem Eishockey kennt. Heute werde der Verdacht auf eine Hirnerschütterung aufgrund einer Bewusstseinsstörung diagnostiziert – und nicht mehr aufgrund von Bewusstlosigkeit, wie früher.
Nach einer Erschütterung sind die betroffenen Hirnzellen sehr verletzlich. Jede weitere, auch nur kleine Erschütterung kann gravierende Folgen haben. Im schlimmsten Fall sogar tödliche.
Trotz Druck von Aussen: Arzt muss sich durchsetzen
Büsser ist sich bewusst, wie schwierig es für Ärzte und Betreuer ist, mitten in einem Spiel schnell zu entscheiden. Oft geraten Ärzte auch vom Trainer oder vom Spieler, der weitermachen will, unter Druck. Für Büsser ist jedoch klar, dass sich der Arzt bei einem solchen Entscheid durchsetzen muss.