Krankenkassen: Die Standard-Prämie steigt nächstes Jahr um 4 Prozent

Der Anstieg liegt also einen Tick über den Erwartungen – und er ist höher als in den letzten Jahren. Eine Erklärung: Bei diversen Versicherten waren die Ansätze zuletzt zu tief.

, 28. September 2017 um 11:13
image
  • versicherer
  • gesundheitskosten
Plus 4 Prozent: Dies also die Chiffre zur Prämienerhöhung 2018, welches Bundesrat Alain Berset am Donnerstag bekanntgab. Eine Überraschung ist das nicht: Die meisten Experten hatten ein Plus von drei bis vier Prozent erwartet, und das stand ja auch im Einklang mit dem Anstieg der Grundversicherungskosten. Letztes Jahr erreichte das Plus pro Person 3,8 Prozent, wie Santésuisse am Dienstag meldete
Standardprämie, das bedeutet: die obligatorische Krankenpflegeversicherung einer erwachsenen Person mit 300 Franken Franchise und Unfalldeckung. Das Wachstum betrug hier im Schnitt der letzten zehn Jahre 3,7 Prozent. Seit der Einführung KVG im Jahr 1996 lag der jährliche Durchschnittswert bei 4,6 Prozent.

Glückliche Innerschweizer, teurere Welsche

Die Erhöhung für nächstes Jahr schwankt je nach Kanton zwischen 1,6 und 6,4 Prozent. In den Kantonen Appenzell Innerrhoden, Glarus, Luzern, Nidwalden, Obwalden, Schwyz, Uri und Zug liegen die durchschnittlichen Anpassungen der Standardprämie unter 3,0 Prozent. In Genf, Neuenburg, dem Waadtland und dem Wallis steigen die Durchschnittskosten um mehr als 5,0 Prozent. In den übrigen 14 Kantonen – darunter so grosse wie Aargau, Bern, Zürich, Basel-Stadt und Baselland, Graubünden – liegt der Zuwachs zwischen 3,0 und 5,0 Prozent.

  • Auf dem Prämienrechner «Priminfo» finden sich die Versicherungsangebote aller Kassen. Dort lassen sich die Prämien nach der Höhe sortieren.

Bei der Berechnung der Prämien 2018 hätten die Versicherten bereits die Folgen des Tarmed-Eingriffs berücksichtigt, also erhoffte Einsparungen von knapp 500 Millionen Franken. 
Dass es trotzdem zu einem leicht überdurchschnittlichen Anstieg kommt, erklärt das Bundesamt für Gesundheit damit, dass die Prämien bei einigen Versicherern in den letzten Jahren zu tief waren – weshalb die Reserven unter das vorgeschriebene Minimum sanken. Ein Teil der diesjährigen Prämienerhöhung sei also auf den notwendigen Reserveaufbau zurückzuführen. 

Erneut überdurchschnittlicher Anstieg bei den Kindern

Die Prämien für Kinder steigen wiederum stärker als die Standardprämie – das Plus liegt im Durchschnitt bei 5,0 Prozent. Dies weil die Prämien in den letzten Jahren die Kosten nicht mehr decken konnten.

Comparis: Durchschnitts-Anstieg beträgt in der Tat 4,9 Prozent

Um durchschnittlich 4,9 Prozent werden die Prämien nächstes Jahr steigen. Zu diesem Resultat kommt der Internet-Vergleichsdienst Comparis, nachdem alle Kantone, Altersgruppen, Kassen, Modelle und Franchisen berücksichtigt wurden. Der heute von Alain Berset verkündete Anstieg mass sich an einem «Standardwert», nämlich den Prämien für Erwachsene mit 300er-Franchise und Unfalldeckung.
Den höchsten Aufschlag bei einer einzelnen Kasse müssen laut Comparis Versicherte in St. Gallen hinnehmen. Wer bei Avenir im Hausarzt-Modell mit der höchsten Franchisestufe versichert ist, bezahlt 21,9 Prozent mehr als im Vorjahr. Gesamtschweizerisch müssten rund 30'000 Personen mit einem Aufschlag von mehr als 19,5 Prozent rechnen.

Mehr als 10 Prozent für 1,2 Millionen

Spitzenreiter im kantonalen Vergleich der Prämiensteigerungen sei der Kanton Wallis: Dort bezahlen versicherte mit Telmed-Modellen durchschnittlich satte 7,9 Prozent höhere Krankenkassenprämien.
3,2 Millionen Versicherte müssten mit einer Prämienerhöhung rechnen, die über dem Durchschnitt von 4,9 Prozent liegt. Prämienerhöhungen von 10 Prozent müssen 1,2 Millionen Versicherte einkalkulieren und ein Aufschlag von über 15 Prozent werde für immerhin noch rund 190’000 Versicherte fällig, so die Statistiker des Vergleichsdienstes weiter.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Der Fehltritt einer KPT-Firma: Vermittler hinterging Neukunden

Die neue Vermittlungsfirma der KPT-Krankenkasse nutzte unlautere Methoden, um neue Versicherte zu gewinnen.

image

Krankenkassen-Chef: «Ich verdiene fast unverschämt viel»

Die Krankenkasse, die mit den tiefsten Verwaltungskosten brilliert hat – wen wundert’s – auch den bescheidensten Chef.

image

St.Galler-Studie zeigt, wie man mit der richtigen Behandlung Millionen sparen könnte

Die Auswirkungen von unnötigen Behandlungen sind kostspielig. Eine neue Studie zeigt mögliche Einsparnisse anhand von zwei Krankheitsbildern auf.

image

Wann versöhnen sich die beiden Krankenkassenverbände?

Im Schweizer Gesundheitswesen geht kaum mehr etwas vorwärts. Schuld daran sind auch die beiden zerstrittenen Krankenkassenverbände.

image

94 Millionen Franken weniger betragen die Gewinnmargen der Versicherer jährlich

Die neue PWC-Analyse «Das bewegt die Schweizer Krankenversicherer» zeigt sechs Markttrends und die grössten Herausforderungen für 2023 auf.

image

Ärztin soll mehrere hunderttausend Franken zurückzahlen

Eine Psychiaterin hat den Krankenkassen offenbar viel zu hohe Rechnungen gestellt. Nun soll die auf Kinder und Jugendliche spezialisierte Medizinerin zur Kasse gebeten werden.

Vom gleichen Autor

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.

image

Wer will bei den Helios-Kliniken einsteigen?

Der deutsche Healthcare-Konzern Fresenius sucht offenbar Interessenten für den Privatspital-Riesen Helios.

image

Deutschland: Investment-Firmen schlucken hunderte Arztpraxen

Medizin wird zur Spielwiese für internationale Fonds-Gesellschaften. Ärzte fürchten, dass sie zu Zulieferern degradiert werden.