John G.F. Cleland | Royal Brompton Hospital
John G.F. Cleland ist ein international renommierter Herzinsuffizienz-Experte. Der Kardiologe forscht am Robertson Institut für Biostatistik und Klinische Studien an der Universität Glasgow.
Im «Journal of the American College of Cardiology» wettert Cleland jetzt gegen Acetylsalicylsäure – bekannt als Aspirin. «Aspirin ist ein gutes Beispiel für jene Schlamperei, wie sie durch Leute hervorgerufen wird, die voreilige Schlüsse ziehen, welche auf Wunschdenken und fehlerhaften Daten beruhen», schreibt Cleland.
«Langzeitverordnung ist eine Sucht»
Und weiter: «Die Verirrung hört deshalb nicht auf, Verirrung zu sein, weil die Mehrheit sie teilt», zitiert Cleland den Schriftsteller Leo Tolstoi. Die Langzeit-Verordnung von Acetylsalicylsäure (ASS) sei zur Gewohnheit, ja zu einer Sucht geworden – speziell der Kardiologen. Cleland hat auch einen Namen dafür:
«PAPA-DOC»-Syndrom: Physicians Addicted to Prescribing Aspirin – a Disorder Of Cardiologists.
Anlass für die Schelte ist
eine vor kurzem veröffentlichte Studie, bei der es um Herzinsuffizienz-Patienten geht. Wissenschaftler um Christian Madelaire vom Unispital Kopenhagen stellen darin die Frage, ob die Langzeit-Behandlung mit niedrig dosiertem ASS bei Herzinsuffizienz überhaupt nützt.
«Unfähig, wissenschaftliche Argumente zu folgen»
Die Antwort der Studienautoren: Nein. Es könnte sogar schaden, so die Forscher. Die Gesamtsterblichkeit war unter Low-dose-ASS nicht geringer, dafür war das Herzinfarktrisiko erhöht. Cleland hat bereits wiederholt auf die unsichere Datenlage in Bezug auf Acetylsalicylsäure als Prophylaktikum hingewiesen.
In Studien wird darüber hinaus befürchtet, dass ASS sich eher negativ auf kognitive Funktionen, auf das Gehör und das Sehen auswirkt. «Das könnte der Grund sein, warum einige Aspirin-Evangelisten unfähig sind, wissenschaftlichen Argumenten zu folgen», so Cleland.
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