Insel Gruppe: «Wir haben die Beziehungsnetze unterschätzt»

Wichtige Ziele der Fusion von Inselspital und Spital Netz Bern sind offenbar noch nicht erreicht. Politische Gegner fordern den sofortigen Stopp des geplanten Tiefenau-Neubaus.

, 2. Mai 2016 um 07:43
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Bern stehe «am Rande eines Spitalskandals»: Dies schreibt das Komitee hinter der kantonalen Spitalstandort-Initiative. Die Rede ist auch von einem «Scherbenhaufen», den der scheidende Gesundheitsdirektor Philippe Perrenoud (SP) hinterlasse.
Die Mitteilung, unterschrieben von Initiativ-Komitee-Präsident Rudolf Joder (SVP), ist eine Reaktion auf einen Beitrag in «Der Bund». Die Zeitung hatte am Wochenende berichtet, dass wichtige Ziele der Fusion von Inselspital und Spital Netz Bern nicht erreicht worden seien.

«Die Finanzziele waren rosarot»

Zwar stimmen die Zahlen beim Inselspital. Doch die Spitäler des ehemaligen Spital Netz Bern arbeiten laut der Zeitung nicht einmal kostendeckend. 2014 gab es ein Defizit von 15,7 Millionen Franken und auch für das Jahr 2015 erwarte man einen Verlust. 
«Die Fusion ist ein Flop. Die Finanzziele waren rosarot. Sie wurden nicht erreicht», sagt Roger Kübler der Zeitung. Kübler ist ehemaliger Chef von Spital Netz Bern. Es ist nicht das erste Mal, dass er heftige Kritik an der Fusion ausübt (siehe etwa hier). 

Einnahmen sind gesunken

Holger Baumann, der CEO der neuen Insel Gruppe, meinte dazu im «Bund»: «Das Tiefenauspital ist noch nicht dort, wo wir hin wollen.» 
Zwei Ursachen ortet die Zeitung. Zum einen sei da die veraltete Infrastruktur. Die Insel Gruppe plant deshalb einen Neubau für das Tiefenauspital. Und zum anderen leide das Tiefenauspital unter dem Ärzte-Exodus. Allein die Einnahmen im stationären Bereich sanken zwischen 2012 und 2015 um 17 Prozent, wie es weiter heisst. 
Das Komitee hinter der Standort-Initiative verlangt nun aber vom Regierungsrat «dringend», das Projekt eines neuen Stadtspitals in der Tiefenau zu stoppen. Die Lage müsse überprüft und «viel besser koordiniert» werden. Sonst drohe «mit Sicherheit eine finanzielle Katastrophe».

Privatspitäler profitieren

Der Beitrag im «Bund» hatte auch aufgezeigt, dass die Privatspitäler der Region grosse Profiteure der Fusion sind. Die Lindenhofgruppe konnte beispielsweise zwischen 2012 und 2015 die Einnahmen im stationären Bereich um 9 Prozent steigern. 
Ziel der Insel Gruppe ist es laut Baumann nun, Patienten von den Privaten zurückzugewinnen.
Druck macht dem Bericht zufolge zudem ein Sanierungsplan, der von der kantonalen Stiftungsaufsicht verlangt worden ist. Bis 2020 müsse die Sanierung abgeschlossen sein.
«Die Insel hat die Bedeutung der leitenden Ärzte unterschätzt», so Kübler in «Der Bund». Holger Baumann räumt dies erstmals ein: «In der Stadt Bern sind die Beziehungsnetze ausgeprägt. Wir haben dies unterschätzt.»
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