Gewisse private Spitex-Firmen verrechnen den Krankenkassen teure Pflegeleistungen, obwohl die Arbeit von unqualifizierten Betreuerinnen verrichtet worden ist. Medinside berichtete
hier über einen solchen Fall - und wollte von Marcel Durst, dem Geschäftsführer des Privat-Spitex-Verbands ASPS, wissen, was der Verband gegen die Betrüger unternimmt.
Herr Durst, allein die CSS-Krankenversicherung fordert drei Millionen Franken zurück, welche ihr von privaten Spitex-Firmen illegal in Rechnung gestellt worden seien. Bei der Versicherung stehen über 30 Spitex-Unternehmen unter Verdacht. Sie werden vertieft überprüft. Weiss der Verband von diesen Betrugsfällen?
Wir kennen Einzelfälle, welchen wir nachgegangen sind und die Krankenkassen unterstützt haben. Aber zum Grundsatz: Zu 99 Prozent wird korrekt abgerechnet und seriös gearbeitet.
Kürzlich ist die Privatspitex Seeblick aufgrund von Recherchen der Sendung «Kassensturz» aufgeflogen: Sie bezahlte ihren Betreuerinnen für Rund-um-die Uhr-Einsätze monatlich nur gerade 3000 Franken bar auf die Hand. Diese Einsätze liess sich die Firma dann von den Krankenkassen vergolden, indem sie dort Pflegeeinsätze geltend machte. Die Krankenkasse CSS hat gegenüber Medinside gesagt, dass sie bereits bei rund einem Dutzend Privatspitex-Organisationen Unstimmigkeiten festgestellt habe. Es wird also in grossem Stil betrogen.
Bei gegen 300 privaten Spitex-Betrieben mit kantonaler Bewilligung, wovon 260 bei uns in der ASPS organisiert sind, kann kaum davon gesprochen werden, dass «in grossem Stil» absichtlich falsch abgerechnet wird. Mit der CSS sind wir in Kontakt, um den Sachverhalt und die Probleme zu klären. Wir wollen wissen, wo und warum die CSS die Abrechnungen als fehlerhaft ansieht und wo wir als Verband handeln müssen.
Was tut der Verband gegen solche falschen Abrechnungen?
Wir klären auf, bieten Support und schulen die Organisationen.
Sollte der Verband künftig nicht mehr gegen falsche Abrechnungen tun?
Wichtig erscheint mir in diesem Zusammenhang, dass das Bundesamt für Gesundheit endlich seine drei WZW-Kriterien konkretisiert. Das Bundesamt verlangt, dass alle Leistungen, die von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung übernommenen werden, wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sein müssen. Diese drei Kriterien müssen klarer definiert und besser geregelt sein. Bisher gibt es bei diesen entscheidenden Regeln einen zu grossen Interpretationsspielraum und viele Missverständnisse. Niemand kann wirklich sagen, welche Leistungen «wirtschaftlich» sind, weil jeder Fall einzeln beurteilt werden muss. Es geht immer um Menschen, um menschliche Schicksale.
Dann sind Sie gegen diese Kriterien?
Nein, aber es geht nicht, dass einer Spitex-Organisation plötzlich nachträglich ein Drittel der geleisteten Stunden gestrichen werden, weil jemand findet, es sei nicht wirtschaftlich gearbeitet worden. Damit wir eine Rechtssicherheit haben, braucht es offizielle Leitlinien und Prinzipien für die WZW-Prüfungen.
Die Spitex Seeblick hat aber nicht nur zu wenig wirtschaftlich gearbeitet.
Verständlicherweise werde ich mich zu diesem Fall nicht äussern, da hier Abklärungen am Laufen sind. Jedoch ist für uns klar, dass nachweisbare Betrugsfälle geahndet werden müssen.
Wenn aber tatsächlich betrogen wird, wie im Fall Seeblick, schadet das doch der ganzen Branche.
Ja, das ist so. Man kann aber nicht Einzelfälle nehmen und die ganze Branche diskreditieren.
Arbeitet der Verband auch mit den Krankenversicherern zusammen, um solche Fälle zu vermeiden?
Selbstverständlich, wenn die Krankenkassen auf uns zukommen oder eines unserer Mitglieder uns um Unterstützung bittet.