Gestatten: Der diskrete Privatpatient

In der Luzerner Hirslanden-Klinik St. Anna werden die Radiologiegeräte auch für tierärztliche Untersuchungen genutzt. Ein Problem?

, 4. Juni 2017 um 19:34
image
  • hirslanden
  • spital
  • radiologie
Dass es in der Schweiz manchenorts zuviele MRI-Geräte gibt, ist sattsam bekannt, und dass die Betreiber allerhand tun, um ihre Anlagen auszulasten, ist auch kein Geheimnis. Und so kam man nun in der Hirslanden-Klinik St. Anna in Luzern offenbar auf die Idee, Radiologiegeräte für veterinärmedizinische Aufgaben zur Verfügung zu stellen.
Dies berichtet die «Sonntagszeitung»: Pro Jahr würden in der Luzerner Klinik mindestens zwanzig Tiere mit einem diagnostischen Gerät wie einem Computertomografen untersucht. Dies berichteten Tierärzte aus der Region – wobei meist Hunde und Katzen gescannt würden, manchmal aber auch Exoten wie Vögel oder Echsen. Die häufigsten Gründe für solche Screenings sind Bandscheibenprobleme, Tumore und Entzündungen.

Auch in St. Gallen

Ein ähnliches Angebot gebe es auch am Kantonsspital St. Gallen, recherchierte die SoZ weiter. Dort würden pro Jahr rund fünf Tiere auf einem diagnostischen Gerät gescannt. Laut Sprecher Philipp Lutz geschieht dies allerdings in einem speziellen Bereich, der für Patienten abgesperrt ist, und auf einem Apparat, der ansonsten der Rechtsmedizin vorbehalten ist.
Den Kopf schüttelt die Patientenschützerin Barbara Züst: «Ich bin sehr irritiert über diese Praxis», so die Geschäftsführerin der Schweizerischen Stiftung Patientenschutz in der Zeitung. Die Tier-Untersuchungen seien aus hygienischen Gründen fragwürdig, und störend sei insbesondere, «wenn Kliniken versuchen, die Angelegenheiten zu verheimlichen. Doch die Patienten haben ein Recht, über solche Vorgänge informiert zu werden.»

Hygienische Reinigung

Allerdings scheint es mit der Heimlichtuerei nicht allzu weit her zu sein. Wie in St. Gallen bestätigt auch die Hirslanden-Gruppe die Praxis ganz offen: In der Region Luzern existiere keine Institution für die bildgebende Diagnostik bei Kleintieren, erklärt ein Sprecher in der SoZ. Die Klinik St. Anna ermögliche es deshalb Tierärzten, nach Betriebsschluss «unter speziellen Bedingungen» solche Untersuchungen durchführen zu lassen. Die Geräte würden danach einer «hygienischen Reinigung» unterzogen.
Die Aufregung scheint sich denn auch in Grenzen zu halten. In einer Online-Umfrage auf den Portalen von «Tages-Anzeiger» und «Der Bund» fanden 29 Prozent, es sei nicht in Ordnung, Tiere in einem Spital zu untersuchen. 28 Prozent hatten kein Problem damit. 20 Prozent stimmten dem Angebot zu, sofern es keine andere Möglichkeit gibt. Und 22 Prozent kreuzten an, dass das Spital die tierische Nutzung zumindest transparent machen müsste.

So what?

Auch die Online-Leserkommentare äusserten nur selten Widerspruch gegen die St.Anna-Praxis. Mehrfach wurde andererseits auf die mangelnde Auslastung der CT- und MRI-Geräte hingewiesen. «Als Insider kann ich versichern, dass die meisten MRIs schlecht ausgelastet sind, weil es schlicht viel zu viele davon gibt. Auch mit völlig unsinnigen Tests bei Menschen kann man diese nicht auslasten», kommentierte ein Leser im «Tages-Anzeiger». «Besser, es wird damit ein Fifi untersucht, aber eigentlich müsste man einfach die Hälfte der Geräte verschrotten und die Belegschaft entsprechend reduzieren.»
Oder: «Ich kenne mindestens 40 Fälle (Pat) die zwischen 80 und 90 waren, die völlig sinnlos diesen „Untersuchungen" und Unkosten ausgesetzt waren. Nein, es handelte sich eindeutig nicht um "Forschung" sondern um Auslastung.»

  • Bild: Pexels CCO

Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Basel: Adullam-Stiftung engagiert Jörg Leuppi

Der CMO des Kantonsspitals Baselland wird Stiftungsrat bei der Organisation für Altersmedizin.

image

USZ macht Verlust von 49 Millionen Franken

Verantwortlich dafür sind unter anderem inflations- und lohnbedingte Kosten. Zudem mussten Betten gesperrt werden.

image

Auch das KSW schreibt tiefrote Zahlen

Hier betrug das Minus im vergangenen Jahr 49,5 Millionen Franken.

image

...und auch das Stadtspital Zürich reiht sich ein

Es verzeichnet einen Verlust von 39 Millionen Franken.

image

Kantonsspital Olten: Neuer Chefarzt Adipositaschirurgie

Urs Pfefferkorn übernimmt gleichzeitig die Führung des Departements Operative Medizin.

image

SVAR: Rötere Zahlen auch in Ausserrhoden

Der Einsatz von mehr Fremdpersonal war offenbar ein wichtiger Faktor, der auf die Rentabilität drückte.

Vom gleichen Autor

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.