Gerichtsmediziner fanden Liquid Ecstasy in vier Proben

Die Waadtländer Gerichtsmedizin stellte fest: In der Romandie ist die Partydroge Liquid Ecstasy im Umlauf. Und sie wird auch als K.-O. Droge gebraucht.

, 9. März 2022 um 13:21
image
  • universitätsspital lausanne
  • ärzte
  • forschung
Eine Studie von Waadtländer Gerichtsmedizinern zeigt: Die Partydroge Liquid Ecstasy ist in der Westschweiz im Umlauf. Von 815 Proben wiesen vier Spuren dieser Substanz auf. Wissenschaftlich wird die Droge GHB genannt, die Abkürzung für Gammahydroxybuttersäure.

Einmal wohl mit Betäubungsabsicht

Das Westschweizer Universitätszentrum für Rechtsmedizin (CURML) suchte systematisch nach dieser Substanz in Proben, die in der Westschweiz nach sexuellen Übergriffen, Blackouts, Verdacht auf K.-O.-Tropfen, nach Gewalt- und nach Verkehrsdelikten entnommen wurden.
60 der 815 Proben wurden im Zusammenhang mit sexuellen Übergriffen, dem Verdacht auf Vergiftung oder nach einem Blackout entnommen. In einem Fall wurde der Konsum von GHB nachgewiesen, was auf eine Nutzung der Droge als K.-O.-Tropfen hinweist.

Oft zu lange gewartet

Allerdings muss angemerkt werden, dass die Hälfte der Proben nach sexuellen Übergriffen oder Blackouts erst nach mehr als zwölf Stunden entnommen wurden, so dass eine GHB-Vergiftung weder ausgeschlossen noch bestätigt werden kann.
Das Problem ist, dass Opfer von K.-O.-Tropfen wegen deren betäubender Wirkung häufig erst nach längerer Zeit in ein Spital gehen.

Nicht die häufigste Droge

Trotzdem lässt sich sagen, dass GHB in der Westschweiz nicht zu den am häufigsten konsumierten illegalen Substanzen gehört. In 55 Prozent der Fälle von sexuellen Übergriffen, Blackouts und Verdacht auf K.-O.-Tropfen wurden andere Substanzen, die auf das zentrale Nervensystem wirken, nachgewiesen.
Die meisten Tests erfolgten im Anschluss an ein Verkehrsdelikt und sollten die Fahrfähigkeit beurteilen (633 von 815 Proben). Die Analysen wiesen in 3 Fällen GHB nach, was auf einen Partykonsum schliessen lässt.

Kostengünstiger Schnelltest

Die Studie ermöglichte es den Gerichtsmedizinern auch, einen günstigen Schnelltests zu prüfen. Die Notfallstation des Lausanner Universitätsspitals CHUV hat zudem ein spezielles Protokoll für die Behandlung von Personen eingeführt, die befürchten, Opfer von K.-O.-Tropfen zu sein.
Im Verdachtsfall wird so schnell wie möglich durch Entnahme von Blut- und Urinproben nach toxischen Substanzen, insbesondere GHB, gesucht. Die Proben werden zur Aufbewahrung und Analyse an die Gift- und Chemieabteilung der Gerichstmedizin (Unité de toxicologie et chimie forensiques, UTCF) weitergeleitet.

Das ist GHB

GHB ist die Abkürzung für Gammahydroxybuttersäure. Umgangssprachlich wird GHB als Liquid Ecstasy bezeichnet. GHB ist auch unter den Namen G-Juice, Liquid X und Soap bekannt. Es wird als farblose, salzig schmeckende Flüssigkeit, aber auch als Pulver oder in Tablettenform angeboten.
Die Wirkung von GHB tritt nach 10 bis 30 Minuten ein und kann bis zu drei Stunden anhalten. Geringe bis mittlere Dosen GHB können entspannend, beruhigend, euphorisierend und sexuell anregend wirken, ähnlich wie bei einem Alkoholrausch. Ebenso können Schläfrigkeit, Verwirrtheit und Gedächtnisstörungen auftreten.
Bei höheren Dosen verstärkt sich die einschläfernde Wirkung bis hin zur Bewusstlosigkeit. GHB hemmt die Herzaktivität und das Atemzentrum. Es kam bereits zu Todesfällen bei GHB-Konsum.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Krebs: Sterblichkeitsraten sinken weltweit – mit zwei Ausnahmen

Eine länderübergreifende Studie zeigt einen rückläufigen Trend bei den Mortalitätsraten der meisten Krebsarten. Jedoch gibt es auch einen besorgniserregenden Anstieg.

image

Ein Arzt wirbt für sein Restaurant - das ist erlaubt

Ein Hautarzt betreibt ein Restaurant und macht Werbung dafür. In der Schweiz darf er das – solange sich niemand darüber beschwert.

image

Medizinstudium in der Schweiz: Für Deutsche ein Traum

In der Schweiz Medizin studieren: das würden viele Deutsche gerne. Doch die Hürden sind für die meisten zu hoch.

image

Warum Chirurgen mehr AC/DC- Musik hören sollten

Ein neuer Radiosender mit künstlicher Intelligenz-Funktion soll angeblich helfen, die chirurgische Genauigkeit und Effizienz zu verbessern.

image

Hausarztpraxiskette in Verruf – eine rechtliche Einordnung von Vergütungen an Arztpraxen

Ein Ziel der Revision des Heilmittelgesetzes (HMG) war, klare Regeln festzulegen, unter welchen Voraussetzungen Vergütungen an Arztpraxen zulässig sind. Ein aktueller Fall bietet Anschauungsunterricht und zeigt, dass bei Zahlungen an Arztpraxen nach wie vor viele Unklarheiten bestehen.

image

Mediziner zeichnen diese vier Nachwuchsforscher aus

Die Schweizerische Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin (SGAIM) würdigt junge Internistinnen und Internisten mit je einem 50'000-Franken-Preis.

Vom gleichen Autor

image

Saanen plant Luxusklinik mit Hausärzten

Neben dem Nobelkurort Gstaad könnte eine Privatklinik mit Spitzenmedizin für Gutbetuchte entstehen. Samt einer Hausarztpraxis für Einheimische.

image

Viele Ärzte litten seelisch mit ihren Covid-Patienten

Eine Studie zeigt Überraschendes: Unter Covid-19 litten indirekt auch viele Ärztinnen und Ärzte – weil sie sich so hilflos fühlten.

image

Ende Jahr müssen die Belegärzte raus

Die Münsinger Belegärzte fallen zwischen Stuhl und Bank: In sieben Monaten haben sie keine Praxis mehr.