«Gentests sollten nicht zu besseren Horoskopen werden»
Sabina Gallati ist Genetik-Expertin. Im Interview spricht die Professorin über ihre Arbeit im Labor und über ihre Zukunftswünsche. Hoffnung setzt sie in die Kardiogenetik, die sich bei Hausärzten kaum durchgesetzt hat.
, 5. Juli 2022 um 05:35Frau Gallati, am 18. November eröffnete die Hirslanden als erste private Spitalgruppe der Schweiz ein Zentrum für genomische Medizin mit eigenem Genetik-Labor in Zollikon. Wie waren Ihre ersten Tage nach der Eröffnung?
«Peu à peu» klingt nach einem ruhigen Start …
Gehen alle Patienten nach dem Vorgespräch zur Blutabnahme?
Eine genetische Untersuchung kann bis zu drei Monate dauern und zwischen fünf- und sechstausend Franken kosten. Wer übernimmt diese Kosten?
Leider wollen sich viele Versicherer von der Übernahme der Kosten für die Laboranalyse entziehen.
Inwiefern?
Der sich hoffentlich in der Regel lohnt …
Ein Patient, der trotz eines klinischen Verdachts beim Versicherer abblitzt und dann zum Beispiel an Krebs erkrankt, belastet das Gesundheitssystem wahrscheinlich mit höheren Kosten. Wäre die Prävention mittels Gentestung nicht angezeigt und kostengünstiger?
Ist ein eigenes Genetik-Labor unter diesen Aspekten überhaupt erstrebenswert für private Spitäler?
Technisch gesehen sind genetische Untersuchungen einfacher geworden, wie ich mich gerade im Labor überzeugen konnte …
Gibt es noch weitere Vorteile?
Mit welchen Nachteilen müssen Patienten rechnen?
Sie suchen nach Genen, die vererbbare Krankheiten wie Krebs oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen auslösen. Letztere sind sogar die führende Todesursache in der industrialisierten Welt. Welche Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind eigentlich vererbbar?
Welche Personen sollten eine genetische Untersuchung ins Auge fassen?
Ich denke nicht, dass Hausärzte auf die Kardiogenetik sensibilisiert sind. Wir sind froh, wenn sich Kardiologen dessen bewusst sind, dass es sie gibt.
In der Regel ist es der Hausarzt, der seine Patienten und deren Familiengeschichte am besten kennt. Sind die Hausärzte auf die Kardiogenetik sensibilisiert?
Welche Rolle wird die Kardiogenetik in Zukunft spielen?
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Zur Person:
- der Theodor-Kocher-Preis, verliehen von der Universität Bern,
- der Guido-Fanconi Gedenkpreis der Schweizerischen Gesellschaft für Pädiatrie und
- der Nestlé Award für das Werk X-chromosomale zentronukleäre Myopathie: Genlokalisation und DNA-Linkage-Analyse.
Für wen eignen sich genetische Tests?
- Wenn eine Patientin oder ein Patient bereits erkrankt ist und der Verdacht auf eine genetisch verursachte Erkrankung vorliegt.
- Zur Absicherung einer Diagnose oder zur Schaffung der Voraussetzungen für die richtige Therapie.
- Zur Feststellung einer Anlageträgerschaft für eine erblich bedingte Krankheit im Hinblick auf die Lebens- oder Familienplanung.
- Zum Nachweis einer Genmutation bei gesunden Familienangehörigen mit einer nachgewiesenen vererbbaren Mutation, um das Erkrankungsrisiko zu eruieren und je nach Befund entsprechende Präventivmassnahmen zu empfehlen.
- Ob eine genetische Testung wirklich Sinn macht, ist von Fall zu Fall zu entscheiden und benötigt eine professionelle genetische Beratung vorab.
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