Ein tieferer Grund für den Hausarzt-Mangel

Junge Mediziner haben oft falsche Vorstellungen vom Praxis-Alltag – sie unterschätzen die Qualitäten.

, 13. Juli 2015 um 14:00
image
  • praxis
  • personalmangel
  • ärzte
Viele junge Ärzte schrecken vor der Idee zurück, sich als Allgemeinpraktiker selbstständig zu machen, weil sie nicht wissen, was ihnen dort blüht: Auf diesen Aspekt hinterm Hausarztmangel verweist eine neue Studie der Universität Göttingen. Danach hätten Medizinstudenten oft ein falsches Bild davon, wie eine Hausarztpraxis funktioniert.
Die Daten sind noch gar nicht voll veröffentlicht, sie wurden aber von Studienleiter Wolfgang Himmel im Kern an einer Tagung vorgestellt.

Immer nur laufende Nasen

«Viele Studierende haben falsche Vorstellungen über die berufliche Realität», sagte Himmel, Professor am Institut für Allgemeinmedizin der Uni Göttingen, an einer Tagung der Techniker Krankenkasse in Hannover: «Sie glauben, Hausärzte hätten es vor allem mit banalen Erkrankungen wie laufenden Nasen zu tun, wüssten zwar von allem etwas, aber nichts richtig, müssen dauernd verfügbar sein und werden schlecht bezahlt.»
Himmel hatte aber auch Interviews mit frisch niedergelassenen Hausärzten in Niedersachen geführt. Und das Ergebnis war sehr positiv: 

  • Die Arbeit wurde mehrheitlich als anspruchsvoll, vielfältig und befriedigend empfunden. 
  • Hinzu kam, dass sie sich gut mit einem Familienleben verbinden liess und dass die Work-Life-Balance besser im Lot war als bei den Spitalärzten. 
  • Auch die Bezahlung wurde meist als akzeptabel beurteilt.

An der Tagung zum Thema Landarztmangel wurde denn auch bemerkt, dass das Interesse an der hausärztlichen Tätigkeit früh im Studium geweckt werden müsste – etwa indem zum Praxisjahr auch ein Quartal in einer Hausarztpraxis gehören soll. 


Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Pharmagelder 2024: Zuwendungen an Schweizer Ärzte steigen leicht

2024 erhielten Ärzte, Spitäler und Fachgesellschaften zusammen 262 Millionen Franken – 16 Millionen mehr als im Jahr davor.

image

Gesundheitsverbände bauen politischen Druck auf

Mit einer Grossdemonstration machen Berufsverbände und Gewerkschaften im November ihre Forderungen sichtbar. Sie pochen auf mehr Personal und eine solidere Finanzierung von dessen Ansprüchen.

image

Fünf goldene Regeln, wie Ärzte den Patienten Zahlen verständlich machen

Laborwerte, Risiken, Therapieeffekte – viele Aufklärungsgespräche scheitern an medizinischen Zahlen. Doch wie erläutert man, was eine Behandlung bringt? Ein Vorschlag.

image

«Manche haben unrealistische Erwartungen an die Schweiz»

Die Schweiz erscheint für viele ausländische Ärzte als Traumland. Was es braucht, damit der Jobwechsel gelingt, erklären die Ärztevermittler Francesca und Jan Saner.

image
Gastbeitrag von Alessia Schrepfer

Wenn alle mitziehen würden: Die unterschätzte Blockade

Im Gesundheitswesen sprechen wir viel über Fachkräftemangel – aber zu wenig über die internen Hindernisse, die Engagement und Qualität lähmen.

image

«Schauen Sie genau, wen Sie heiraten – das meine ich ernst.»

Seilschaften, starre Regeln und intransparente Gehälter bremsen Frauen auf dem Weg zur Chefarztposition. Rückhalt daheim ist entscheidend – und Teilzeit ist problematisch: Das sagt Susanne Renaud, Chefärztin Neurologie am Spital Neuenburg.

Vom gleichen Autor

image

Spital heilt, Oper glänzt – und beide kosten

Wir vergleichen das Kispi Zürich mit dem Opernhaus Zürich. Geht das? Durchaus. Denn beide haben dieselbe Aufgabe: zu funktionieren, wo Wirtschaftlichkeit an Grenzen stösst.

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.