Dicke Trinkgeld-Couverts in der Schulthess-Klinik

Der ehemalige Emir von Katar beschenkte das Spitalpersonal bei der Abreise mit bis 3000 Franken. Zurück blieb die Frage: Was tun mit dem Geld?

, 21. Januar 2016 um 20:00
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Spital-Profis wissen es: Dankbare Patienten hinterlassen bei der Entlassung gern ein Geschenk, ein Trinkgeld, eine Anerkennung. Und bei reichen Patienten nimmt diese Anerkennung vereinzelt Ausmasse an, die – neudeutsch gesagt – ein Compliance-Problem schaffen.
So offenbar jetzt geschehen in der Schulthess-Klinik. Am Stephanstag wurde dort bekanntlich Scheich Hamad bin Khalifa Al-Thani behandelt; der ehemalige Emir von Katar hatte in Marokko einen Beinbruch erlitten.

«Das haben wir noch nie erlebt»

Wie der Sender Radio Top nun erfuhr, hinterliess der Scheich bei seiner Abreise aus der Orthopädie-Klinik einige Tausendernoten: Alle Spital-Angestellten, die Al-Thani betreuten, erhielten hohe Beträge – in der Spitze bis zu 3'000 Franken. 
«Die Mitarbeiter haben vom Scheich einen Geldbetrag erhalten», bestätigte Schulthess-Geschäftsführerin Andrea Rytz gegenüber Radio Top: «Das haben wir noch nie erlebt in dieser Art und Weise. Ein normales Trinkgeld bei uns beträgt 20 bis 50 Franken», so Rytz. 
Nun ist es aber in der Schulthess-Klinik – wie in vielen anderen Häusern auch – dem Personal untersagt, grosse Geschenke anzunehmen.
«Die Leute haben sehr gut reagiert: Sie haben ihre Vorgesetzten informiert und angefragt, was sie mit dem Geld machen sollen», berichtet Andrea Rytz. Es sei kein Fall bekannt, wo jemand das Couvert des Ex-Emirs einfach eingesteckt hatte. 

Zwei Schulthess-Angestellte flogen mit

Am Ende entschloss sich die Klinikleitung, dass die beschenkten Mitarbeitern bis 150 Franken behalten können: Das sei noch in etwa im Rahmen des Annehmbaren. Der Rest fliesst in eine Gemeinschaftskasse für alle Mitarbeiter, wobei: Für die nächste Weihnachtsfeier reiche das Geld wohl doch nicht ganz. «Wir sind doch 1'099 Mitarbeiter in der Schulthess-Klinik», relativiert die Geschäftsführerin.
Der interessanteste Zückerli war aber wohl ohnehin ein nicht-monetäres: Zwei Schulthess-Angestellte konnten mitfliegen, als der Scheich und seine Entourage Anfang Januar wieder abhob – um die pflegerischen Aufgaben im Namen der Schulthess-Klinik auch in Katar zu erfüllen.

«Ihre Genesung ist uns Entschädigung genug»

Die Schweizer Spitäler behandeln das Trinkgeld-Thema bekanntlich sehr defensiv, und die Regel, dass höchstens «Gelegenheitsgeschenke von geringem kommerziellem Wert» (beziehungsweise entsprechende Summen) angenommen werden dürfen, gilt fast flächendeckend. 
«Ihre Genesung, ein Lächeln oder ein Dankeschön, das von Herzen kommt, freut uns sehr und ist uns Entschädigung genug», informiert zum Beispiel das Kantonsspital St. Gallen seine Patienten: «Falls Sie trotzdem Ihre Zufriedenheit mit einer Gabe ausdrücken möchten, gibt es die Möglichkeit einer Spende an den Fonds für bedürftige Patientinnen und Patienten oder den Angestelltenfonds.» Und konkreter gesagt: «Trinkgelder oder Spenden werden selbstverständlich nicht erwartet und sind absolut freiwillig.»
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