Das Schweizer Gesundheitswesen in 2 Grafiken

Zwei internationale Vergleiche lassen ahnen, dass unsere Gesundheitsversorgung nicht sonderlich effizient ist. Und vor allem: Dass die helvetischen Fortschritte überaus langsam sind.

, 27. Februar 2017 um 15:00
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Die beiden Grafiken gehören gar nicht zusammen – sie wurden einfach zufälligerweise recht zeitgleich veröffentlicht.
Beide zeigen das Schweizer Gesundheitswesen im internationalen Vergleich, und zusammen machen sie doch eine Aussage. Sie besagt in etwa: Bei der Effizienz-Entwicklung hält die Schweiz nicht ganz mit.
Das erste Bild zeigt die «Grafik des Monats» Februar der Industrieländerorganisation OECD. Wir sehen darin, wie weit insgesamt 30 entwickelte Staaten auf dem Weg zum Elektronischen Patientendossier heute sind – respektive allgemein bei der Impementierung von E-Health.
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Und zwar sehen wir einerseits die technische beziehungsweise organisatorische Bereitschaft eines Landes (horizontal), andererseits die institutionelle Bereitschaft (vertikal) – also zum Beispiel, ob ein Staat bereits die notwendigen gesetzlichen Grundlagen und Schritte eingeleitet hat.
Die Schweiz ist in beiden Dimensionen etwa im unteren Drittel, will sagen: Die meisten Industriestaaten sind in der E-Health-Entwicklung weiter. 
Interessant ist dabei insbesondere der Aspekt der technical and operational readiness, der sich hier noch en detail ansehen lässt:
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Die Schweiz ist hier noch nicht sehr weit – und insbesondere ein Schlusslicht, wenn man nur auf die europäischen Staaten schaut. Erfasst wird in dieser Grafik zum Beispiel, wieviele Leistungserbringer bereits mit elektronischen Patientendossiers arbeiten. 
So meldeten beispielsweise 18 Länder der OECD, dass mindestens 70 Prozent ihrer Grundversorger und Akutspitäler mit EPD-Systemen Diagnosen und Therapie-Informationen erfassen. Die Schweiz zählte nicht dazu.

Spezial-Beschäftigungsboom in der Schweiz

Die nächste Grafik dreht sich um die Beschäftigungs-Entwicklung im Gesundheitswesen. Wir haben sie in die «Die Volkswirtschaft» gefunden: Denn das Magazin des Staatssekretariats Seco konzentriert sich in der neusten Ausgabe aufs Gesundheitswesen.
Ein Subthema ist denn auch der Beschäftigungsboom im Schweizer Gesundheitsbereich. Die Grafik, die wir hier herausgepickt haben, zeigt die Beschäftigungs-Entwicklung in den letzten sieben Jahren – und stellt dabei das Wachstum im Gesundheitswesen (vertikal) ins Verhältnis zur Arbeitsplatz-Entwicklung in der übrigen Wirtschaft (horizontal).
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Beschäftigungswachstum Gesundheitswesen und Total (EU-15 und Schweiz; 2009–2016, in Prozent des BIP) | Grafik: Seco
Es fällt auf, dass der Zuwachs im Gesundheitswesen in der Schweiz deutlich am höchsten war – während die Stellen in anderen Branchen hierzulande keineswegs ähnlich klar zunahmen.
In anderen westeuropäischen Ländern wie Deutschland, Grossbritannien und Schweden gab es ein spürbar grösseres Arbeitsplatz-Wachstum – aber nicht im Gesundheitswesen.

Fazit: Wir werden vergleichweise ineffizenter

Konkret: Das Wachstum der Beschäftigung im Gesundheitswesen fiel im übrigen Westeuropa um 8 Prozentpunkte tiefer aus als in der Schweiz. Und so ist der Anteil der Profis im Gesundheitswesen in der Schweiz um 2,2 Prozentpunkte höher als in den Vergleichsländern.
Natürlich kann man da herauslesen – wie das oft geschieht –, dass die Schweiz eben eine sehr dichte und kleinräumige Gesundheitsversorgung hat. 
Aber die Grafiken zeigen ja vor allem eine Entwicklung. Und insgesamt wird so doch etwas anderes ersichtlich, gerade wenn man die Bilder zusammen betrachtet: Bei der Entwicklung hin zu mehr Effizienz hinkt das Schweizer Gesundheitswesen doch greifbar hinterher.
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