Dank IT-Lösungen stets das richtige Medikament

Mit einer neuen Methode sollen Fehl-Medikationen in den Spitälern vermieden werden. Ein erster Test in Biel war offenbar erfolgreich.

, 21. Mai 2015 um 09:31
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Gute Medizin hat auch mit Logistik zu tun: Mit dieser Idee haben diverse Organisationen eine Studie «Spital der Zukunft» erarbeitet. Im Zentrum – und als beispielhafter Fall – steht dabei der Medikationsprozess, von der Patientenaufnahme im Spital bis zum Austritt. 
Hier zeigen sich häufig Probleme: «Medikationsfehler machen zusätzliche Behandlungen notwendig und führen zu Langzeitschäden oder im Extremfall sogar zum Tod», so Fridolin Marty, Leiter Gesundheitspolitik beim Wirtschaftsdachverband Economiesuisse.

Wie der Informations-Fluss behindert wird

Im Auftrag von GS1 Schweiz und Economiesuisse untersuchte die Berner Fachhochschule also die Prozesse hinter der Medikamentenabgabe in Spitälern, und sie entwickelte ein Instrument, wie diese Abläufe verbessert werden können. Im Spitalzentrum Biel wurde die Methode bereits erfolgreich angewandt.
Die Medikamenten-Versorgung ist heute durch zahlreiche Schnittstellen gekennzeichnet, die den Informationsfluss behindern oder gar unterbrechen. Dafür gibt es laut Fridolin Marty zahlreiche Ursachen:

  • Zum Beispiel haben die Akteure kein gemeinsames Verständnis des Problems.
  • Oder es wird zwischen analogen und digitalen Kommunikationsmedien gewechselt.
  • Oder es fehlen anerkannte Standards.

Um eine reibungslos funktionierende Supply Chain zu erreichen, brauche es die Integration von IT-Systemen im Spital, so ein Fazit der Forscher. Die Leistungserbringer müssten mit der Logistik, Spitaladministration und -informatik ein gemeinsames Verständnis der Prozesse entwickeln, Standards einführen und umsetzen, erklärte Jürgen Holm von der Abteilung Medizininformatik der Berner Fachhochschule.

Sehen, wo der Bruch ist

Die Studienautoren entwickelten nun das Analyseinstrument IXPRA, abgekürzt für Interface Crossculture Process Analysis. Es ermöglicht, alle Prozesse praxisnah und in einem beliebig wählbaren Detailgrad abzubilden. Für jeden Teilschritt werden die Anwendungen, die involvierten ICT-Systeme und die handelnden Akteure verzeichnet. 
«Dank diesem Vorgehen wird rasch sichtbar, an welchen Stellen der Informationsfluss unterbrochen wird», so Holm.

Neue Aufgabenverteilung zwischen Pflege und Apotheke

Konkret getestet wurde dies im Spitalzentrum Biel. Laut Spitaldirektor Bruno Letsch konnte durch die Anwendung von IXPRA ein gemeinsames Verständnis für die Prozesse geschaffen werden. Es wurden problematische Schnittstellen identifiziert und behoben, indem man zum Beispiel auf der 2014 neu geschaffenen Lean Bettenstation eine abgetrennte Medikamentenrichtzone schuf und die Aufgaben zwischen Pflege und Spitalapotheke neu zuordnete. 
Für Erwin Zetz, der das Projekt bei GS1 Schweiz betreute, ist der Nutzen der Methode offensichtlich. Wer alle Stakeholder an einen Tisch hole und die Prozessabläufe sauber analysiere, könne unnötige Schnittstellen eliminieren, ohne neue zu schaffen. Die Methode stosse allerdings an ihre Grenzen, wenn die Abläufe nicht über das einzelne Spital hinaus analysiert und verbessert würden. 
Hierzu sei auch politische Unterstützung nötig, befand Zetz – insbesondere das Einfordern eines wirksamen Qualitätsmanagements und die Förderung von E-Health auf nationaler Ebene.
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