Was das mit dem Gesundheitswesen zu tun hat? Vielleicht allerhand.
Denn bekanntlich sind unsere Schmerzen – akut wie chronisch – psychologisch gesteuert und stark von der Ablenkung geprägt. In einem interessanten
Meinungsbeitrag betont nun Edmund Keogh, ein Psychologieprofessor der University of Bath, auf einen wichtigen Aspekt: nämlich dass sich durch die Fortschritte in der Computergrafik massive Chancen eröffnen im therapeutischen Bereich – und dass wir dabei erst am Anfang stehen.
Die Idee: Grundsätzlich könnte es nur noch eine Frage der Zeit sein, bis sich Patienten in der Zahnarztpraxis oder im Ambulatorium intensiv ablenken mit der Virtual-Reality-Brille auf dem Kopf – und dass beide, Arzt wie Patient, vom analgetischen Potential des Geräts profitieren.
Tendeziell ist die Sache klar
Die konkrete Wirkung von Game-Ablenkungen ist zwar kaum erforscht. Aber in der Tendenz scheint klar, dass sie in einem erheblichen Ausmass besteht und bei akuten Schmerzen eingesetzt werden kann (ein Überblick, Stand Ende 2014, findet sich
hierhier; siehe auch hier). Und dass Ablenkung insbesondere in der Pädiatrie ein ebenso probates wie gern eingesetztes Mittel ist, wurde auch
schon wissenschaftlich untermauert.
Jetzt geht es also darum, dass die Medizin die neuen Technologien gezielter einsetzt fürs Schmerz-Management. Denn hier steht die Branche erst am Anfang. Konkret ging dieser Frage jetzt eine kleiner Test nach, durchgeführt an der St. John University in York, England. Was ist es, was die Menschen vom Schmerz ablenkt – ist es der visuelle Effekt? Sind es die Geräusche? Das Tastgefühl?
Dies testesten zwei britische Psychologen, Sarah Johnson und Matthew Coxon, mit 27 Freiwilligen: Sie liessen die Testpersonen eine Hand ins eiskalte Wasser legen – bis an die Schmerzgrenze –, während diese zugleich ein Spiel in der virtuellen Realität spielen mussten. Konkret ging es darum, in einer futuristischen Welt einen Hindernis-Parcours durchlaufen. Dann wurden diverse sensorische Aspekte des Game gefiltert: Geräusche, Musik und deren Lautstärke, Bilder, Bewegung.
Wer die Realität gestaltet, gestaltet auch den Schmerz
Die höchste Schmerztoleranz liess sich festmachen, wenn sowohl die visuellen wie die akustischen Inputs zusammenkamen: Wer spielte und zugleich mit Geräuschen beschallt wurde, verspürte am wenigsten Schmerz – ein Ergebnis, das nicht weiter überraschend erscheint. Auf der anderen Seite genügte auch die Musik alleine sowie das stehende Bild, um die Schmerztoleranz schon deutlich zu erhöhen.
Greifbar wurde, dass mit einer innovativen Gestaltung der Realität auch das Schmerzempfinden manipuliert werden konnte. Edmund Keogh nimmt die Ergebnisse denn auch zum Anlass, um auf die Chancen der Virtual Reality im Schmerzmanagement zu verweisen: Die wissenschaftliche Aufgabe sei nun, die idealen Kombinationen zu finden. Töne können Schmerzen bekämpfen – aber welche genau? Nicht überprüft wurden im Test von Johnson und Coxon weitere Aspekte, die ebenfalls ablenken und den Scherz dämpfen können, etwa Gerüche und Berührungen.
«Aus Sicht der Forschung sehr aufregend»
Mehrere Studien zeigten jedenfalls bislang, dass die technologische Qualität – bis hin zur Grösse des Virtual-Reality-Helms beziehungsweise des Gesichtfeldes – relativ direkt korreliert mit dem Schmerzempfinden. Also: Je perfekter die elektronische Gegenwelt, desto besser kann der Patient mit Schmerz umgehen (mehr dazu etwa
hier).
Was sich also abzeichnet, sind Möglichkeiten, durch die virtuelle Ablenkung relativ direkt akute und chronische Schmerzen zu bekämpfen. «Aus Sicht der Forschung ist dies alles sehr aufregend», so Keogh: «Es sieht so aus, dass wir immer besser werden darin, den Schmerz mit Techniken wie der Virtual Reality anzugehen. Zudem helfen uns die Techniken selber, die multisensorische Erfahrung des Schmerzes besser zu verstehen.»