Ein Arzt führte in seiner Arztpraxis während mehreren Jahren Hormonbehandlungen nach einer umstrittenen Methode durch (siehe Kasten unten). Diese Behandlungen rechnete er über die obligatorische Grundversicherung ab, und zwar über 230 Mal und zu einem Betrag von über 900'000 Franken. Als die betroffenen Krankenkassen das merkten, forderten sie 200'000 Franken vom Arzt zurück.
Nicht alle Behandlungen gleich beurteilt
Dieser wehrte sich und hielt daran fest, dass die Hormonbehandlungen Pflichtleistungen der Grundversicherung seien. Das Bündner Schiedsgericht, das den Fall beurteilte, reduzierte dann den Betrag, den Arzt den Versicherern zurückzahlen sollte, auf die Hälfte.
Der Grund für Reduktion: Die Behandlung von Wechseljahrbeschwerden bei Frauen sei grundsätzlich wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich. Für diese Behandlungen müsse er deshalb nichts zurückzahlen.
Nicht angemessen bei Fettleibigkeit, Diabetes oder Migräne
Hingegen ist die Behandlungsmethode bei anderen Beschwerden wissenschaftlich nicht anerkannt, weshalb sie von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung nicht bezahlt wird.
Deshalb wertete das Schiedsgericht stichprobenweise die Patientendossiers aus und stellte fest: Etwa die Hälfte aller Behandlungen, die der Arzt durchgeführt hatte, betrafen nicht Wechseljahrbeschwerden bei Frauen, sondern unter beispielsweise klimakterische Beschwerden bei Männern, Fettleibigkeit, Diabetes, ein Melanom oder Migräne.
109'000 Franken den Kassen schuldig
So kam das Schiedsgericht auf den Betrag von 109'000 Franken, den der Arzt den betroffenen Kassen zurückzahlen muss. Auch beim Gang vor Bundesgericht konnte der Arzt nichts gegen diesen Entscheid ausrichten.
Hormon-Therapie nach umstrittener Methode
Der Frauenarzt Volker Rimkus erfand Anfang der 90er-Jahre eine Alternative zu den herkömmlichen Hormonersatztherapien. Er verwendet dazu Hormone aus der Yamswurzel. Ausserdem ermittelte er eine Idealspanne, innerhalb der sich die einzelnen Hormonwerte befinden sollten.
Die so genannte Rimkus-Methode ist aber umstritten. So hat etwa Ludwig Wildt, Direktor der Uni-Klinik für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin in Innsbruck, folgende drei Vorbehalte:
1. Die Hormone der Rimkus-Methode seien nicht «biologischer» als jene der konventionellen Medizin, sondern ebenfalls mit synthetischen Methoden aufbereitet.
2. Die Behandlung sei unnötig teuer, weil der Hormonspiegel ständig überwacht werde. Eine einzelne Messung reiche.
3. Die Behandlung könne gefährlich sein, wenn das Progesteron als Crème verabreicht werde. So könne das Hormon nicht richtig aufgenommen werden. Das sei aber wichtig. Denn Progesteron erhöhe zwar das Brustkrebsrisiko, senke aber das Gebärmutterkrebsrisiko, das wiederum durch das ebenfalls verabreichte Östrogen erhöht wird.