Arzt aus Basler Unispital greift in die Weltpolitik ein

Ein Neurologe vom Universitätsspital Basel (USB) zweifelt die Vergiftung des russischen Regimekritikers Alexei Nawalny an. Das Unispital geht auf Distanz.

, 23. Februar 2021 um 08:40
image
  • spital
  • neurologie
  • universitätsspital basel
Ein in der Schweiz lebender Arzt soll Widersprüche in der Theorie entdeckt haben, dass Alexei Nawalny mit einem Nervengift vergiftet worden sei. Dies berichten die Zeitungen von Tamedia. Auf den russischen Kreml-Kritiker Nawalny soll im August 2020 ein Anschlag mit Nowitschok verübt worden sein. 
Der am Universitätsspital Basel (USB) arbeitende Neurologe (Name der Redaktion bekannt) greift in einem offenen Brief jene Ärzte der Berliner Charité-Klinik an, die Alexei Nawalny behandelten und eine Studie darüber im Dezember in der renommierten Fachzeitschrift «The Lancet» veröffentlichten.

Mehr als nur fachliche Kritik

Die Berliner Ärzte hätten dabei, so der Vorwurf des Mediziners mit russischer Staatsbürgerschaft, alle Aspekte ignoriert, die nicht in die Erzählung von der Nowitschok-Vergiftung passten. Zum Beispiel Hinweise auf eine chronische Erkrankung der Leber.
Der Basler Assistenzarzt hält laut Zeitungsbericht auch seine Meinung nicht zurück: Nawalny habe die Führung eines anderen Staates (gemeint ist Deutschland) aufgefordert, «feindliche Massnahmen gegen Russland zu ergreifen». Der Mediziner betrachtet das als Verrat, und «Verrat ist in jeder Interpretation und zu jeder Zeit die Handlung eines Schurken».

Medienstelle war nicht informiert

Das Basler Unispital lehnt eine Stellungnahme gegenüber der Zeitung ab: Der Arzt habe als Privatperson gehandelt, «weder seine Vorgesetzten noch die Medienstelle des USB sind von ihm informiert worden». Der Arzt selbst habe auf die Anfrage von Tamedia nicht reagiert.
Der russische Aussenminister Sergey Lavrov hat den offenen Brief des Arztes laut Medienberichten seinem französischen Amtskollegen gesendet. Mit der Aufforderung, die Haltung in der Affäre um den Regimekritiker zu überdenken, was das französische Aussenministerium aber abgelehnt hat. 


  • Foreign Minister Sergey Lavrov answers questions on the open letter from Swiss neurologist

Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

«Eine frühzeitige Blutverdünnung nach einem Schlaganfall ist sicher und wirksam»

Im Interview erklärt Neurologe Urs Fischer, Chefarzt am Inselspital Bern, was die Ergebnisse der CATALYST-Studie für die klinische Praxis bedeuten – und warum alte Leitlinien überdacht werden sollten.

image

USZ gewinnt Fellowship der Michael J. Fox Foundation

Die US-Stiftung fördert seit 25 Jahren Parkinson-Forschung. Nun erhält die Klinik für Neurologie am Universitätsspital Zürich eines von weltweit 8 Fellowships, um die nächste Generation von Parkinson-Experten auszubilden.

image

Studie: Immuntherapie steigert Überlebenschancen bei Lungenkrebs

Eine Studie des Kantonsspitals Baden und des Unispitals Basel zeigt: Wenn Patienten mit Lungenkrebs schon vor der Operation eine Immuntherapie erhalten, überleben deutlich mehr von ihnen die ersten fünf Jahre.

image

Auf dem richtigen Weg

Der Markt für Krankenhaus-Informationssysteme (KIS) befindet sich in einer Phase tiefgreifender Transformation. Die aktuellen Trends und Herausforderungen der Branche sowie die Erwartungen der Kliniken beleuchtet Dirk Müller, Director Product Management CIS4U bei Dedalus HealthCare.

image

USB und Rechtsmedizin Basel kooperieren enger

In Basel schliessen sich das Institut für Rechtsmedizin und die Pathologie des Universitätsspitals zusammen, um die postmortale Diagnostik zu verbessern

image

Neuer Leitender Arzt Neurologie: Von Neuseeland ins Emmental

Das Spital Emmental komplettiert sein Neurologie-Team mit Christoph Friedli. Der Neurologe war die letzten zwei Jahre in Neuseeland tätig.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.