14 Prozent der ausgebildeten Medizin-Fachpersonen hören früher oder später auf, Patienten zu behandeln. Das haben Forscher um Sven Streit vom Berner Institut für Hausarztmedizin (Biham) der Universität Bern bei der Überprüfung von 23 000 Einträgen im Berufsregister des Bundes festgestellt.
Überraschend bei diesem Resultat ist: Frauen haben nicht die höhere Ausstiegsrate als Männer. Laila Burla, wissenschaftliche Projektleiterin beim Schweizerischen Gesundheitsobservatorium Obsan, vermutet laut einem Bericht im «Tagesanzeiger»: «Wahrscheinlich wissen Frauen bereits sehr gut, was auf sie zukommt, wenn sie sich für den Arztberuf entscheiden».
Zu lange Arbeitszeiten und zu viel Administratives
Die Gründe, warum die Ärzte und Ärztinnen aufgehört haben zu praktizieren, haben die Forscher nicht erhoben. Eine andere Befragung zeigt jedoch: Es sind vor allem familiäre und persönliche Probleme, lange Arbeitszeiten und veränderte Anforderungen, beispielsweise mehr administrative Aufgaben statt klinischer Tätigkeit. Das haben die Schweizerischen Ärzteverbindung FMH und der Verband Schweizerischer Assistenz- und Oberärzte (VSAO) 2016 in einer Studie festgestellt.
Auch in anderen Berufen gibt es viele Aussteiger, zum Teil sogar mehr als bei den Ärzten. Doch bei Medizinern wird jeder Austritt besonders kritisch beobachtet: Denn die Ausbildung kostet die Steuerzahler je nach Schätzung bis zu einer halben Million Franken. Das Geld sei in solchen Fällen falsch investiert worden. Und die Aussteiger hätten anderen Interessenten einen der begehrten Studienplätze weggenommen.
Nicht mehr praktizierende Ärzte sind nicht verloren für die Gesellschaft
Laila Burla relativiert diese Kritik: Die Aussteiger seien nicht verloren für die Gesellschaft: Auch in der Forschung oder in der Pharmaindustrie brauche es Mediziner. Alarmierend wäre es jedoch, wenn die Ärzte und Ärztinnen wegen der Arbeitsbedingungen aufhören, obwohl sie eigentlich gerne im Beruf bleiben würden.