Ärztinnen steigen nicht häufiger aus als Ärzte

Frauen kehren dem stressigen Beruf als Ärztin nicht schneller den Rücken als Männer. Das zeigt eine Studie.

, 6. November 2019 um 15:54
image
  • ärzte
  • trends
14 Prozent der ausgebildeten Medizin-Fachpersonen hören früher oder später auf, Patienten zu behandeln. Das haben Forscher um Sven Streit vom Berner Institut für Hausarztmedizin (Biham) der Universität Bern bei der Überprüfung von 23 000 Einträgen im Berufsregister des Bundes festgestellt.
Überraschend bei diesem Resultat ist: Frauen haben nicht die höhere Ausstiegsrate als Männer. Laila Burla, wissenschaftliche Projektleiterin beim Schweizerischen Gesundheitsobservatorium Obsan, vermutet laut einem Bericht im «Tagesanzeiger»: «Wahrscheinlich wissen Frauen bereits sehr gut, was auf sie zukommt, wenn sie sich für den Arztberuf entscheiden».

Zu lange Arbeitszeiten und zu viel Administratives

Die Gründe, warum die Ärzte und Ärztinnen aufgehört haben zu praktizieren, haben die Forscher nicht erhoben. Eine andere Befragung zeigt jedoch: Es sind vor allem familiäre und persönliche Probleme, lange Arbeitszeiten und veränderte Anforderungen, beispielsweise mehr administrative Aufgaben statt klinischer Tätigkeit. Das haben die Schweizerischen Ärzteverbindung FMH und der Verband Schweizerischer Assistenz- und Oberärzte (VSAO) 2016 in einer Studie festgestellt.
Auch in anderen Berufen gibt es viele Aussteiger, zum Teil sogar mehr als bei den Ärzten. Doch bei Medizinern wird jeder Austritt besonders kritisch beobachtet: Denn die Ausbildung kostet die Steuerzahler je nach Schätzung bis zu einer halben Million Franken. Das Geld sei in solchen Fällen falsch investiert worden. Und die Aussteiger hätten anderen Interessenten einen der begehrten Studienplätze weggenommen.

Nicht mehr praktizierende Ärzte sind nicht verloren für die Gesellschaft

Laila Burla relativiert diese Kritik: Die Aussteiger seien nicht verloren für die Gesellschaft: Auch in der Forschung oder in der Pharmaindustrie brauche es Mediziner. Alarmierend wäre es jedoch, wenn die Ärzte und Ärztinnen wegen der Arbeitsbedingungen aufhören, obwohl sie eigentlich gerne im Beruf bleiben würden.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Ärzte in der Krise: Immer mehr suchen Unterstützung

Zu viel Arbeit, Burn-Out, Angst, Selbstzweifel und Depression: Das sind die fünf Hauptgründe für Ärzte und Ärztinnen, sich Hilfe bei der Remed-Hotline zu holen.

image

Berner Zeitungen verletzten Privatsphäre einer Ärztin

Ein Artikel in den Berner Medien enthielt zu viele Details über eine verurteilte Ärztin. Der Pressrat gab deshalb den Universitären Psychiatrischen Diensten Bern (UPD) recht.

image

EPD: Verschnaufpause für Ärztinnen und Ärzte

Die Anschlusspflicht für Ärztinnen und Ärzte ans EPD soll erst mit der grossen Revision eingeführt werden.

image

USA: Milliardärin befreit Medizinstudenten von Studiengebühren

Am Albert Einstein College of Medicine in New York lernen die Medizinstudenten ab sofort gratis. Dank einer Milliardenspende.

image

Der IV fehlen die Ärzte – weil niemand dort arbeiten will

Schlechtes Image, andere Kultur: Deshalb hat die IV so grosse Mühe, genug Ärzte und Ärztinnen für die IV-Abklärungen zu finden.

image

Schneller gegen Schlaganfall: KSA und ETH entwickeln magnetischen OP-Roboter

Mit der neuen Technologie soll das Eingriffs-Tempo deutlich erhöht werden.

Vom gleichen Autor

image

SVAR: Neu kann der Rettungsdienst innert zwei Minuten ausrücken

Vom neuen Standort in Hundwil ist das Appenzeller Rettungsteam fünf Prozent schneller vor Ort als früher von Herisau.

image

Kantonsspital Glarus ermuntert Patienten zu 900 Schritten

Von der Physiotherapie «verschrieben»: In Glarus sollen Patienten mindestens 500 Meter pro Tag zurücklegen.

image

Notfall des See-Spitals war stark ausgelastet

Die Schliessung des Spitals in Kilchberg zeigt Wirkung: Nun hat das Spital in Horgen mehr Patienten, macht aber doch ein Defizit.