Neues Antibiotikum, neue Hoffnung gegen Superkeime

Der Pharmakonzern Roche hat einen Wirkstoff gegen antibiotikaresistente Bakterien entwickelt.

, 4. Januar 2024 um 08:50
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Forschungslabor von Roche   |  Bild: PD
Rund 300 Menschen sterben jährlich in der Schweiz an resistenten Infektionen. Dies gab das Bundesamt für Gesundheit BAG gegenüber dem Nachrichtenportal «Watson» an. Dabei haben Antibiotikaresistenzen in den letzten Jahren und Jahrzehnten kontinuierlich zugenommen vor allem bei Erregern, die im Spital erworben werden, sowie bei Patienten mit beeinträchtigtem Immunsystem.
Ein Forscherteam des Pharmakonzerns Roche hat nun ein neues Antibiotikum entwickelt, das gegen eines dieser resistenten Bakterien Wirkung zeigt. Laut zwei am Mittwoch in «Nature» veröffentlichten Studien wirkt dieses neue Antibiotikum namens Zosurabalpin im Labor und in Mäusen gegen das antibiotikaresistente Bakterium Acinetobacter baumannii – ein typischer Krankenhauskeim, der etwa Lungenentzündungen auslösen kann.

Weitere Studien

Noch sei der Wirkstoffkandidat aber weit weg von Anwendungen in der Praxis. «Es sind mehr als 50 Jahre vergangen, seit die letzte eigenständige Klasse von Antibiotika eingeführt wurde, die in der Lage ist, Infektionen durch gramnegative Bakterien zu behandeln», sagte der an der Studie beteiligte Michael Lobritz vom Pharmakonzern Roche auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
«Jede neue Antibiotikaklasse, die in der Lage ist, Infektionen zu behandeln, die durch multiresistente Bakterien wie das Carbapenem-resistente Acinetobacter baumannii verursacht werden, wäre ein bedeutender Durchbruch», so der Forscher. Um zu wissen, ob Zosurabalpin diesen Durchbruch bringen werde, seien jedoch weitere Studien notwendig.
Zurzeit laufen nach Angabe von Roche klinische Studie der Phase 1, um die Sicherheit, Verträglichkeit und Pharmakologie des Wirkstoffs am Menschen zu bewerten.
Wie Zosurabalpin funktioniert
Zosurabalpin gehört zu einer neuen chemischen Klasse von Antibiotika, den sogenannten gebundenen makrozyklischen Peptiden. Es greift ein neuartiges Ziel in Bakterien an, wie Lobritz erklärte. Als Folge davon hatten Bakterien bisher nicht die Gelegenheit, Resistenzmechanismen gegen dieses Molekül zu entwickeln.
Konkret hemmt der Wirkstoff den Transport des Moleküls Lipopolysaccharid (LPS) zur äusseren Schicht der Membran der Bakterien. Die Hemmung dieses Transports führt dazu, dass sich LPS auf toxische Niveaus innerhalb der Zelle anhäuft, was letztendlich zum Zelltod führt..

  • Claudia Zampaloni, Patrizio Mattei, Konrad Bleicher, Lotte Winther, Claudia Thäte, Christian Bucher, Jean-Michel Adam – Kenneth A. Bradley et al.: «A novel antibiotic class targeting the lipopolysaccharide transporter», in: «Nature», Januar 2024. — doi.org/10.1038/s41586-023-06873-0
  • Karanbir S. Pahil, Morgan S. A. Gilman, Vadim Baidin, Thomas Clairfeuille, Patrizio Mattei, Christoph Bieniossek – Andrew C. Kruse, Daniel Kahne et al.: «A new antibiotic traps lipopolysaccharide in its intermembrane transporter», in: «Nature», Januar 2024. — doi.org/10.1038/s41586-023-06799-7

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