Die Frage sorgt derzeit im Kanton Bern für Debatten in der Spitalbranche:
Sollen alle Spitäler künftig auf eine einheitliche digitale Plattform und ein einziges Klinikinformationssystem (KIS) setzen? Und falls ja: Darf die Regierung – beziehungsweise das Gesetz – gleich festlegen, dass es sich dabei um das KIS der Insel Gruppe handelt?
das wiederum hätte weitreichende Folgen. Denn die Insel Gruppe arbeitet seit gut einem Jahr mit dem System Epic. Eine Vereinheitlichung würde also bedeuten, dass dieses Produkt aus den USA auch auf die übrigen Spitäler im Kanton ausgerollt werden müsste.
Kurz: Im geplanten Spitalversorgungsgesetz des Kantons Bern lauern brisante fundamentale Fragen.
Deshalb meldet sich nun auch der nationale Verband IG eHealth zu Wort – also jene Organisation, welche die Digitalisierung des Schweizer Gesundheitswesens vorantreiben will, mit Mitgliedern wie Ascom, Dedalus, Galenica, Meierhofer, Swisscom, Siemens Healthineers, Novartis oder der Post.
Ganz kurz zusammengefasst lautet der Kommentar von IG eHealth: so nicht.
Gewiss, eine gemeinsame digitale Gesundheitsplattform für Listenspitäler sei sinnvoll. Doch die Sonderbehandlung des Inselspitals und des US-Konzerns Epic Systems sei problematisch. IG eHealth listet vier Hauptbedenken auf:
- Die Vorgabe des Regierungsrats beschneidet die Wettbewerbsneutralität unter den Spitälern.
- Sie greift ein in den Bieterwettbewerb bei geplanten KIS-Ausschreibungen und in laufende Verträge regionaler Spitäler. Beides sei rechtlich zumindest fraglich.
- Eine Epic-Zwangslösung gefährdet die Datensouveränität und Interoperabilität mit Drittsystemen.
- Mit einem Monopol wäre der Kanton künftig einem Preisdiktat ausgesetzt.
«Wir erachten es als falsch, dass der Kanton für die Gesundheitsplattform ein einheitliches Klinikinformationssystem festlegt», so die Stellungnahme in der Vernehmlassung: Ein zentrales KIS zu schaffen, auf das alle Spitäler zugreifen können, wäre «monolithisch, komplex und unsinnig. Es würde die Interoperabilität einschränken, die Datenhoheit der Spitäler beschränken und die flexible, bedürfnisgerechte Softwarewahl verunmöglichen.» Dezentrale KIS seien auch aus Sicherheitsüberlegungen einem Monopol vorzuziehen.
Ohnehin sei unklar, ob Epic überhaupt die beste Lösung für die Berner Spitäler darstelle: Zuerst brauche es für alle Akteure, die sich anschliessen müssen, ein eigenes Pflichtenheft. «Der Vorentscheid des Regierungsrats, EPIC resp. dem Universitätsspital Bern den Zuschlag zu erteilen, ist unzulässig», so ein Fazit des IT-Verbands.
Es gebe keine Evidenz, dass Epic zwingend die beste Lösung sei – oder wenn, dann höchstens für Universitäts- und Zentrumsspitäler: «Für Regionalspitäler, die stationäre Psychiatrie oder Rehabilitation drängt sich EPIC aufgrund der hohen Beschaffungs- und Betriebskosten nicht auf. Im Gegenteil entstehen enorm hohe Kosten, um EPIC auf spezifische Anforderungen anzupassen. Die enorm hohe finanzielle Bürde, die sich der Kanton auferlegen will, ist nicht nachvollziehbar. Es liegen mehrere vergleichbare Angebote vor, die in der Beschaffung und im Betrieb wesentlich günstiger sind.»
Datenschutz made in USA
Ein weiterer Kritikpunkt: Die Insel Gruppe soll die Plattform betreiben – und hätte damit Zugriff auf die Daten sämtlicher Listenspitäler, die gleichzeitig Konkurrenten sind. Das neue Gesetz enthalte dazu aber keine Regeln.
Und schliesslich: Als US-Unternehmen könnte Epic verpflichtet sein, Daten an amerikanische Behörden weiterzugeben – Schweizer Datenschutz hin oder her.
Fazit von IG Health: Interoperabilität sei wichtig, ein Monopol aber gefährlich. Der Verband fordert den Regierungsrat daher auch auf, früh genug die Wettbewerbskommission einzuschalten.