Inselspital pokert ums Personal

Die Insel will das Spital Münsingen auf jeden Fall schliessen. Weil sie das Personal behalten will. Sie ködert es mit 5000 Franken.

, 3. Mai 2023 um 06:35
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Das Spital Aarberg ist einer der Alternativ-Standorte, welche die Insel ihrem Personal anbieten kann. | zvg
Das will die Insel-Gruppe auf jeden Fall vermeiden: Dass neue Betreiber das Spital Münsingen und damit auch gleich einen grossen Teil der Belegschaft übernehmen könnten. Denn die Insel-Gruppe will möglichst alle Angestellten von Münsingen nach Bern oder an einen anderen Insel-Standort in der Region transferieren.

Viele Angestellte wären gerne geblieben

Einer der wichtigsten Gründe für die Schliessung des Berner Regionalspitals war der Personalmangel im Zentrumsspital. Würden nun neue Betreiber – es gibt bereits ein Unternehmen, welche das Spital Münsingen weiterbetreiben will – könnten sich diese Hoffnungen zerschlagen.
Denn auch die Inselverantwortlichen wissen: Ein grosser Teil des Ärzte- und Pflegepersonals in Münsingen ist stark mit dem Betrieb verbunden und würde gerne weiter dort arbeiten. Dafür gibt es vor allem drei Gründe:
  • Viele Angestellte wohnen in der Region und wollen nicht täglich auf den ohnehin überlasteten Strassen und vollen Zügen nach Bern pendeln – oder womöglich einen langen Arbeitsweg zu den Inselstandorten Aarberg, Belp, Heiligenschwendi oder Riggisberg in Kauf nehmen.
  • Viele Angestellte fühlten sich wohl in den kleinen und oft sehr stabilen Teams in Münsingen. Ein Wechsel ins unübersichtliche und hektische Zentrumsspital komme für manche nicht in Frage, wie eine Pflegefachfrau gegenüber Medinside erklärte. Trotzdem setzt die Insel derzeit alles daran, möglichst viel medizinisches Personal von Münsingen an einem anderen Standort weiterbeschäftigen zu können. Sie verspricht in ihren Angeboten an die Angestellten eine Prämie von 5000 Franken, wenn sie bis Ende 2024 in der Gruppe bleiben.
  • Viele Angestellte fühlen sich von den Inselverantwortlichen schlecht behandelt. Von der Schliessung des Spitals erfuhren sie aus den Medien. Etliche von ihnen würden gerne im alten Spital unter einer neuen Führung weiterarbeiten. Aus diesem Grund hat sich auch kurz nach Bekanntwerden der Schliessung eine Gruppe von Ärzten zusammengetan und eine neue Betriebsgesellschaft gegründet.

Ausgebremst

Diese Betriebsgesellschaft wurde nun von der Insel aber im Pokerspiel ums Personal ausgebremst. Zwar ist die Insel durchaus interessiert daran, das Spitalgebäude zu verkaufen. Aber bei einem Gespräch vor zwei Tagen hielten die Insel-Verantwortlichen unmissverständlich daran fest: Zuerst wird das Spital geschlossen und das Personal abgezogen. Dann erst wird über einen Verkauf diskutiert.
Für weitere Entscheide will sich die Insel ein Jahr Zeit lassen. Die Inselverantwortlichen seien durchaus offen dafür, den Grund und Boden des Spitals der Gemeinde Münsingen oder dem neu gegründeten Spital-Betriebsunternehmen zu verkaufen, betonen sie.

Zu grosse Verunsicherung?

Aber erst, wenn das Spital geschlossen und damit kein Spitalbetrieb mehr ist. «Ein Kauf durch externe Investoren wäre in der kurzen Frist unmöglich und würde für grosse Verunsicherung sorgen», begründet die Insel dieses Vorgehen einerseits. Andererseits spricht Bernhard Pulver, Verwaltungsratspräsident der Insel-Gruppe, auch Klartext: «Wir möchten möglichst viele Mitarbeitende innerhalb der Insel-Gruppe weiterbeschäftigen.»
So gesehen gewinnt die Insel nun das Pokerspiel ums Personal: Wenn das Spital in zwei Monaten stillgelegt wird, gibt es für die Angestellten keine Option mehr, in Münsingen zu bleiben. Sie müssen an einen anderen Inselstandort wechseln - oder zu einem anderen Arbeitgeber.

Warten ist keine Option

Darauf warten, dass vielleicht in einem Jahr in Münsingen ein neues Spital oder ein Gesundheitszentrum entstehen würde, können sie nicht. Und auch die Kaufinteressierten müssen sich nun gut überlegen, ob sie dereinst ein stillgelegtes Spital wieder zum Leben erwecken wollen und können – und vor allem: ob sie genug Personal dafür finden werden.
Die Insel-Verantwortlichen lassen sich derzeit nicht in die Karten blicken. Auf die Fragen von Medinside antwortete die Pressestelle: «Zum jetzigen Zeitpunkt nehmen wir keine Stellung über die Medienmitteilung hinaus.»
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