So hätte es die Insel besser machen können

Die Angestellten haben aus den Medien erfahren, dass ihr Spital geschlossen wird. Eine Fehlleistung, kritisiert ein ehemaliger Pressesprecher.

, 29. März 2023 um 05:37
image
Die Aufregung ist gross: Die Angestellten dieses Spitals in Münsingen erfuhren aus den Medien und von den Patienten, dass sie in drei Monaten nicht mehr hier arbeiten werden. | zvg
Bestürzt erfuhr das Personal der Berner Spitäler Münsingen und Tiefenau letzte Woche: Ihre Stelle gibt es schon bald nicht mehr. Medinside berichtete hier darüber.
Diese Hiobs-Botschaft ist schon schlimm genug. Aber es war noch schlimmer: Die Angestellten haben aus den Medien erfahren, dass ihr Arbeitsort wegrationalisiert wird. Erst zwei Stunden nach der Pressekonferenz wurden sie von ihren Vorgesetzten informiert. «Herzlichen Dank. Wieder einmal eine kommunikative Glanzleistung der viel zu hoch bezahlten Manager», kommentierte eine betroffene Pflegefachfrau das Vorgehen.

War die Börse wichtiger?

Die Insel-Sprecher versuchten, sich zu rechtfertigten: Weil die Insel seit 2021 Anleihen an der Börse hat, müsse das Spital das Börsenreglement berücksichtigen. Dieses besagt in der Tat, dass die börsenkotierten Unternehmen Tatsachen, die den Börsenkurs beeinflussen können, sofort öffentlich machen müssen.
Doch die Angestellten hätte man deswegen nicht erst später informieren müssen. Das sagt ein ehemaliger Pressesprecher, der einst in der gleichen Situation war. Als die Migros 1997 den Globus übernahm, sorgten der damalige Finanzchef und der Pressesprecher Thomas Bornhauser über Nacht dafür, dass die Mitarbeitenden noch vor den Medien und der Börse Bescheid wussten - damals noch ohne E-Mails und Smartphones.

«Negativ für die Konzentration»

Bornhauser rechnete in einem Online-Kommentar vor, wie die Insel den Ablauf hätte planen können: «Die Verantwortlichen hätten den Börsenschluss am Mittwoch abwarten können und dann über Nacht die Mitarbeitenden über die normalen Kommunikationskanäle informieren können. Den Medien hätte man eine Sperrfrist bis Donnerstagmorgen gesetzt.» So wären alle bei Eröffnung der Börse um neun Uhr morgens informiert gewesen.
Gegenüber den Medien räumt die Insel zwar ein, dass sie dieses Vorgehen geprüft, aber wieder verworfen habe. Und zwar deshalb, weil die Tragweite der Spitalschliessungen für die Angestellten so gross sei, dass es sich negativ auf die Konzentration auswirke, was für die Patientinnen und Patienten riskant sei. Aus diesem Grund, so sagte Mediensprecher Didier Plaschy der «Berner Zeitung» habe man den Zeitpunkt der Information der Angestellten so gewählt, dass die Sicherheit der Patienten möglichst gewährleistet gewesen sei.

Angestellte haben kein Verständnis

Eine seltsame Argumentation, finden die betroffenen Angestellten. Sie fragen sich: Ist die Patientensicherheit nachmittags um 16 Uhr grösser? Zudem dürfte die Konzentration der Angestellten kaum weniger strapaziert worden sein, als sie bereits um 14 Uhr gerüchteweise statt von offizieller Seite erfuhren, dass sie ihre Stelle verlieren werden.
Die Schliessung der beiden Insel-Spitäler Münsingen und Tiefenau betrifft rund 1000 Angestellte. Eine überwiegende Mehrheit der Mitarbeitenden soll an den anderen Standorten Inselspital, Aarberg, Belp, Heiligenschwendi und Riggisberg weiterbeschäftigt werden.

200 Angestellten wird gekündigt

Den Pflegefachleuten wird ein neues Stellenangebot innerhalb der Insel Gruppe garantiert. Ob sie das wollen, ist eine andere Frage – insbesondere nach dem Vorgehen der Insel-Verantwortlichen bei der Information über die Schliessungen.
Die Insel rechnet ausserdem mit Kündigungen für 200 Personen, die nicht in der Pflege tätig sind.

  • spital
  • insel gruppe
  • spital münsingen
  • spital tiefenau
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Hirslanden: Umbau an der Spitze – näher zu den Regionen

Hirslanden-Zürich-Direktor Marco Gugolz zieht als Regional Operations Executive in die Konzernleitung ein.

image

Was geschieht mit dem Spital Thusis?

Die Stiftung Gesundheit Mittelbünden sucht Wege aus der finanziellen Krise – beraten von PwC. Ein Entscheid soll im Herbst fallen.

image

CSEB: «Herausfordernd, aber zufriedenstellend»

Trotz roten Zahlen und leicht rückläufigen Patientenzahlen gibt sich das Center da sandà Engiadina Bassa optimistisch.

image

Spital STS: Hohe Patientenzahlen bewahren nicht vor Verlust

Sowohl stationär als auch ambulant gab es bei der Spitalgruppe Simmental-Thun-Saanenland 2023 einen Zuwachs.

image

Spital Lachen bricht Neubau-Projekt ab

Nun soll saniert statt neu gebaut werden – aus finanziellen Gründen, aber auch wegen der Flexibilität.

image

Spitalzentrum Biel: Sehr rote Zahlen wegen Sonderabschreiber

Andererseits war 2023 ein Wachstumsjahr für die SZB-Gruppe, es gab einen Rekordwert bei den Patientenzahlen. Und die dynamische Entwicklung setze sich 2024 fort.

Vom gleichen Autor

image

SVAR: Neu kann der Rettungsdienst innert zwei Minuten ausrücken

Vom neuen Standort in Hundwil ist das Appenzeller Rettungsteam fünf Prozent schneller vor Ort als früher von Herisau.

image

Kantonsspital Glarus ermuntert Patienten zu 900 Schritten

Von der Physiotherapie «verschrieben»: In Glarus sollen Patienten mindestens 500 Meter pro Tag zurücklegen.

image

Notfall des See-Spitals war stark ausgelastet

Die Schliessung des Spitals in Kilchberg zeigt Wirkung: Nun hat das Spital in Horgen mehr Patienten, macht aber doch ein Defizit.