Gegen Zahlung von 300 Franken erhalten Patienten der Orthopädischen Klinik Luzern (OKL) innert zwei Wochen einen Termin in der Sprechstunde, für weitere 500 Franken steht zwei Wochen danach bereits die Operation an. Der ursprüngliche Termin würde gemäss Aufgebotsschreiben erst in vielen Wochen stattfinden,
wie die Zeitschrift «Beobachter» von Ringier Axel Springer berichtet. «Gegen Aufpreis sichern Sie sich Vorzugsbehandlungen und -termine», steht auf einem Flyer für den «Priority-Service» der Klink zu lesen, die bei der Hirslanden Klinik St. Anna in Luzern domiziliert ist. «Schluss mit Warten» – dieser Slogan wirbt für die bevorzugte Sprechstunde, der beschleunigte Operationstermine eine «bessere Planbarkeit».
Angebot soll gegen KVG verstossen
Laut Bundesamt für Gesundheit (BAG) ist das nicht erlaubt, wie der «Beobachter» weiter schreibt. Zusatzhonorare könnten nur verrechnet werden, wenn tatsächlich medizinisch begründete Mehrleistungen erbracht würden. Und vorgezogene Behandlungen müssten zudem medizinisch begründet sein. «Das KVG verlangt eine medizinische Gleichbehandlung. Alle Versicherten haben Anspruch, rechtzeitig behandelt zu werden», zitiert die Zeitschrift die Medienstelle des Bundesamtes.
Die Hirslanden-Gruppe ist anderer Meinung und verteidigt das «Priority-Modell» gegenüber der Zeitschrift. Mehrleistungen ausserhalb des KVG dürften mit Zusatzhonoraren abgerechnet werden. Die Zusatzleistungen bestünden aus Mehraufwänden für die Organisation der rascheren Termine, der Suche nach Lücken in Belegungsplänen oder der Planung allfälliger Schichtverlängerungen des Personals. Es stehe zudem jeder Patientin und jedem Patienten frei, solche Zusatzleistungen in Anspruch zu nehmen.
Handchirurgen wehren sich
Gegen die Darstellung der Zeitschrift regt sich nun auch Widerstand. Die Schweizerische Gesellschaft für Handchirurgie (SGH) teilt mit, dass das Angebot bei der Klinik in Luzern nur in Zusammenhang mit handchirurgischen Leistungen gelte. Es handle sich zudem um ein «Pilotprojekt», das auf den Vorarbeiten eines Ausschusses der SGH basiere. Aktuell gehe es dabei um die flexible Terminvergabe und sei auf nicht-medizinische Bereiche begrenzt. Die Gesellschaft habe im Vorfeld juristische Abklärungen vorgenommen.
Inzwischen hat die Klinik im Nachgang des Berichtes im «Beobachter» das Serviceangebot aber sistiert. Aufgrund der vielen Missverständnisse sei keine andere Wahl geblieben, geht aus der Stellungnahme weiter hervor, die Medinside vorliegt. Die OKL-Geschäftsleitung werde nun über das weitere Vorgehen entscheiden. Bis auf weiteres könne die Klinik schliesslich nicht mehr auf auf individuelle Komfort-Wünsche eingehen, die nicht durch eine bestehende Versicherung oder anderweitige Abdeckung gedeckt seien, heisst es.