Gegen Aufpreis kommen Patienten hier schneller zur Operation

Für einen höheren Preis verspricht eine in der Hirslanden in Luzern domizilierte Klinik bevorzugte Termine für Sprechstunden und Eingriffe.

, 3. März 2023 um 14:05
image
Die kürzere Wartezeit kostet 800 Franken extra. | Symbolbild Unsplash
Gegen Zahlung von 300 Franken erhalten Patienten der Orthopädischen Klinik Luzern (OKL) innert zwei Wochen einen Termin in der Sprechstunde, für weitere 500 Franken steht zwei Wochen danach bereits die Operation an. Der ursprüngliche Termin würde gemäss Aufgebotsschreiben erst in vielen Wochen stattfinden, wie die Zeitschrift «Beobachter» von Ringier Axel Springer berichtet.
«Gegen Aufpreis sichern Sie sich Vorzugsbehandlungen und -termine», steht auf einem Flyer für den «Priority-Service» der Klink zu lesen, die bei der Hirslanden Klinik St. Anna in Luzern domiziliert ist. «Schluss mit Warten» – dieser Slogan wirbt für die bevorzugte Sprechstunde, der beschleunigte Operationstermine eine «bessere Planbarkeit».

Angebot soll gegen KVG verstossen

Laut Bundesamt für Gesundheit (BAG) ist das nicht erlaubt, wie der «Beobachter» weiter schreibt. Zusatzhonorare könnten nur verrechnet werden, wenn tatsächlich medizinisch begründete Mehrleistungen erbracht würden. Und vorgezogene Behandlungen müssten zudem medizinisch begründet sein. «Das KVG verlangt eine medizinische Gleichbehandlung. Alle Versicherten haben Anspruch, rechtzeitig behandelt zu werden», zitiert die Zeitschrift die Medienstelle des Bundesamtes.
Die Hirslanden-Gruppe ist anderer Meinung und verteidigt das «Priority-Modell» gegenüber der Zeitschrift. Mehrleistungen ausserhalb des KVG dürften mit Zusatzhonoraren abgerechnet werden. Die Zusatzleistungen bestünden aus Mehraufwänden für die Organisation der rascheren Termine, der Suche nach Lücken in Belegungsplänen oder der Planung allfälliger Schichtverlängerungen des Personals. Es stehe zudem jeder Patientin und jedem Patienten frei, solche Zusatzleistungen in Anspruch zu nehmen.

Handchirurgen wehren sich

Gegen die Darstellung der Zeitschrift regt sich nun auch Widerstand. Die Schweizerische Gesellschaft für Handchirurgie (SGH) teilt mit, dass das Angebot bei der Klinik in Luzern nur in Zusammenhang mit handchirurgischen Leistungen gelte. Es handle sich zudem um ein «Pilotprojekt», das auf den Vorarbeiten eines Ausschusses der SGH basiere. Aktuell gehe es dabei um die flexible Terminvergabe und sei auf nicht-medizinische Bereiche begrenzt. Die Gesellschaft habe im Vorfeld juristische Abklärungen vorgenommen.
Inzwischen hat die Klinik im Nachgang des Berichtes im «Beobachter» das Serviceangebot aber sistiert. Aufgrund der vielen Missverständnisse sei keine andere Wahl geblieben, geht aus der Stellungnahme weiter hervor, die Medinside vorliegt. Die OKL-Geschäftsleitung werde nun über das weitere Vorgehen entscheiden. Bis auf weiteres könne die Klinik schliesslich nicht mehr auf auf individuelle Komfort-Wünsche eingehen, die nicht durch eine bestehende Versicherung oder anderweitige Abdeckung gedeckt seien, heisst es.
  • hirslanden
  • spital
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Kantonsspital kauft Aktien einer Digital-Plattform

Was Medinside vor einer Woche angekündet hat, ist nun geschehen: Das erste öffentliche Spital steigt bei «Compassana» ein.

image

So will das Kantonsspital Graubünden Gewaltopfern helfen

Das Kantonsspital Graubünden in Chur betreibt neu die Sprechstunde «Forensic Nursing». Das Angebot ist das erste dieser Art in der Deutschschweiz.

image

Kantonsspital Winterthur lässt Gender-Leitfaden nun doch fallen

Das Kantonsspital Winterthur zieht die gendergerechte Sprachempfehlung zurück. Der Druck ist wohl zu gross geworden.

image

Christian Britschgi wechselt als Chefarzt nach Winterthur

Christian Britschgi leitet künftig die medizinische Onkologie und Hämatologie im Kantonsspital Winterthur.

image

Zwei der grössten Psychiatrie-Kliniken wollen fusionieren

In Bern bahnt sich eine Elefantenhochzeit an: Die zwei eh schon grössten Kliniken wollen sich zu einer vereinigen.

image

Mobbing-Streit in Solothurn droht zu eskalieren

Seit Monaten schwelt bei den Solothurner Spitälern ein Konflikt. Nun erhebt auch der Berufsverband schwere Vorwürfe und droht sogar mit Klage.

Vom gleichen Autor

image

«Es braucht eine Task Force zum Schweizer Gesundheitssystem»

Das Kernproblem unseres Gesundheitssystems sei der Anstieg der Kosten ohne grössere politische Anstrengungen, sie zu senken. Dieser Meinung ist Groupe-Mutuel-Chef Thomas Boyer.

image

Investor steckt 10 Millionen Franken in Schweizer Medtech-Startup

Der Brancheninvestor SHS investiert in das Unternehmen Simulands, ein Schweizer Hersteller von Simulationsgeräten für das medizinische Training von kardiovaskulären Eingriffen.

image

Medikamente: Eine Ausnahme alle drei Minuten

Wird ein Medikament ausserhalb des vorgesehenen Verwendungszwecks verschrieben oder steht sein Preis noch nicht fest, ist eine Einzelfallerstattung möglich. Diese Ausnahme darf jedoch nicht zur Regel werden.