«Endlich wurde ich mir bewusst, was ich falsch gemacht habe: Ich habe nicht schlecht gearbeitet, sondern habe mir nur ständig eingeredet, dass andere alles besser machen.» Diese und andere Reaktionen gingen auf einen
Artikel auf Medinside über das «Hochstapler-Syndrom» ein.
Auch Pflegenden geht es so
Betroffene sind überzeugt davon, dass der eigene Erfolg unverdient und nicht auf persönlichen Einsatz, Fachkompetenz und persönliche Fähigkeiten zurückzuführen sei. Besonders Ärztinnen und Ärzte denken oft so.
Aber auch Pflegepersonal fühlt sich häufig unzulänglich: «Ich legte mir am Anfang des Tages immer zu viele Ziele fest. Wenn ich diese dann am Abend bei weitem nicht erreicht hatte, weil mal wieder alles drunter und drüber ging, fühlte ich mich schlecht», schildert eine Intensiv-Pflegefachfrau.
Unnötige Sorgen
Ein Zahnarzt schrieb: «Dieser Beitrag hat mir rückblickend aufgezeigt, dass ich vieles von den geschilderten Befindlichkeiten mit mir herumgetragen habe. Unnötigerweise.» Er kommt heute zum Schluss, dass er wohl für die grosse Mehrheit der Patienten ein guter Behandler gewesen sei.
Fehlerliste geführt
Er hat selbstkritisch eine Fehlerliste geführt und jedes Jahr Bilanz gezogen. Obwohl die Fehlerquote immer unter fünf Prozent lag, habe ihn stets ein Minderwertigkeitsgefühl geplagt, «weil manche Kollegen kieferchirurgisch wahre Akrobaten waren.»
Mittlerweile kommt er zu einer versöhnlichen Bilanz: «Ich habe meinen gesellschaftlichen Auftrag ganz gut erfüllt. Und in Zahnersatzästhetik war ich sogar überdurchschnittlich gut.»
Psyche vernachlässigt
Im Gesundheitswesen ist die Gefahr besonders gross, dass sich gute Fachleute überfordern und ihre persönliche Gesundheit zugunsten ihrer Arbeit vernachlässigen.
Gute und überdurchschnittlich gute Berufsleute haben oft unrealistische Ziele, die sich im Alltag mit anspruchsvollen Patienten nicht erreichen lassen.
Paradoxe Gefühle
Oder sie sind so interessiert an ihrem Fachgebiet, dass sie stets wieder neue Gebiete finden, die sie nicht kennen. Das kann mit der Zeit zum paradoxen Gefühl führen, viel zu wenig Kenntnisse für den eigenen Beruf zu haben.
Bevor Betroffene Angstgefühle entwickeln, dass sie den Patienten nicht im gewünschten Mass helfen können, ist es wichtig, in Ruhe über die Bücher zu gehen und die eigene Psyche zu stärken.
So schützen sich Betroffene
Die Wissenschaftler geben Tipps für Ärztinnen und Ärzte, die sich im Berufsleben vom Hochstapler-Syndrom betroffen fühlen:
- Erinnern Sie sich an Ihre Leistungen, die Sie zu Ihrer beruflichen Rolle geführt haben, und würdigen Sie sie.
- Sprechen Sie mit vertrauenswürdigen Kollegen, die Ihre Leistungen bestätigen und Ihre Gefühle normalisieren können.
- Bekämpfen Sie den Perfektionismus, indem Sie akzeptieren, dass es in Ordnung ist, gut genug zu sein, wenn man die Herausforderungen eines anspruchsvollen Berufs bewältigt.
- Haben Sie Mitgefühl mit sich selbst.
- Seien Sie sich bewusst, dass das Hochstapler-Syndrom häufig vorkommt, insbesondere zu Beginn des Medizinstudiums, einer medizinischen Weiterbildung oder einer neuen Stelle.