Verzicht auf Lohnerhöhungen bringt Spitälern Kritik ein

Die Gewerkschaft Syna wirft den Spitälern vor, die Corona-Baisse zu nutzen, um Lohnforderungen abzulehnen. Die Spitäler widersprechen.

, 28. Dezember 2020 um 11:14
image
Im April war es die Bundespräsidentin persönlich, die höhere Löhne für das Gesundheitspersonal verlangt hat. Im Herbst forderte das Pflegepersonal dann selbst bessere Arbeitsbedingungen. Jetzt, kurz vor dem Jahresende, sind die Lohnrunden für das kommende Jahr beendet. Diese seien eine «grosse Enttäuschung für das Gesundheitspersonal», sagt Arno Kerst, Präsident der Gewerkschaft Syna. Es sei ein «Armutszeugnis, dass die Abschlüsse in den Neuenburger Spitälern oder der Reha-Klinik Basel mit einem generellen Plus von je 1 Prozent zu den Besten gehören».
Was sagen die Spitäler dazu? Nachfrage beim Spitalverband Hplus. Syna wisse «sehr genau, dass die Spitäler einem enormen wirtschaftlichen Druck standhalten müssen und bei Lohnverhandlungen kaum noch Spielraum haben», sagt Direktorin Anne-Geneviève Bütikofer. Sie verweist auf ein zusammen mit der Syna und weiteren Sozialpartnern verfasstes Schreiben. Mit diesem waren die Nationalrätinnen und -räte vor der Wintersession aufgefordert worden, die durch die Corona-Pandemie entstandene «Finanzierungslücke zu schliessen» - die Gesundheitseinrichtungen seien dazu nicht selbst in der Lage. Andernfalls drohten Sparprogramme, unter denen vor allem das Personal leiden würde. Doch der Ruf blieb im Bundeshaus bisher ungehört.

Vorwurf an die Spitäler

Kerst sagt, man habe grundsätzlich Verständnis für die Spitäler. Viele steckten in einer schwierigen Situation, weil die Politik versage, «indem sie die meisten Spitäler darüber im Unklaren lässt, ob sie für die aufgrund der Corona-Krise entstehenden Mehrkosten oder Mindereinnahmen aufkommt.»
Wenn Spitäler zumindest eine Jahresprämie für alle ausgerichtet hätten, wäre das ein Zeichen gewesen, sagt Karst. Aber viele Unternehmen hätten auch darauf verzichtet. Und auch die Forderung, mindestens die tiefsten Löhne von unter 5000 Franken anzuheben, sei nicht erhört worden. Bei der Syna wirft man den Spitälern vor, die «Ungewissheit zu benutzen, um weitergehende Lohnerhöhungen zu verweigern.»

Unverständnis beim Spitalverband

Bütikofer von Hplus stört sich an dieser Aussage, welche die Syna vor Weihnachten auch in einem Communiqué machte: «Die Ansicht, dass Ungewissheit ausgenutzt wurde, um Lohnverhandlungen zu verweigern, kann von Syna nicht ernsthaft vertreten werden.»
Bütikofer sieht weiterhin die Politik in der Pflicht. Diese müsse «die finanzielle Überlebensfähigkeit der Spitäler stärken und damit angemessene Löhne für die Arbeitnehmenden sichern.» Darauf wolle Hplus zusammen mit den Sozialpartnern weiter hinarbeiten.

«Schlecht für Motivation»

Für Arno Kerst von der Syna aber ist klar: Mit der mageren Lohnrunde handeln die Spitäler mit wenig Weitsicht. Es sei schlecht für die Motivation der Angestellten aber auch für das Anwerben von Nachwuchs, wenn das Gesundheitspersonal in der Covid-Krise mehr arbeiten müsse und nun trotzdem praktisch leer ausgehe.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image
Der KI-Ticker

Wo Künstliche Intelligenz das Gesundheitswesen verändert

KI am Kantonsspital Baden ++ Jüngere Ärzte sind skeptischer als ältere ++ Durchbruch in der Sepsis-Erkennung ++ Neuer Rollstuhl ++ KI in der Anamnese ++

image

Schaffhausen: Minus 9,7 Millionen

Auch die Spitäler Schaffhausen schreiben rote Zahlen, vorab wegen ausserordentlicher Abschreibungen.

image

Kantonsspital St. Gallen hat neuen Finanzchef

Bülach, Aarau und jetzt das Kantonsspital St. Gallen. Das sind die Stationen von Martin Banaszak.

image

Oberengadin: Kredit ist «überlebenswichtig»

Die Trägergemeinden des Spitals Samedan sind sich einig: Das Oberengadin braucht eine «qualitativ hochstehende Gesundheitsversorgung».

image

Weniger Bürokratie in der Pflege

Der Bundesrat sollte die Bürokratie in der Pflege abbauen. Er hält aber nichts davon.

image

Basel: Adullam-Stiftung engagiert Jörg Leuppi

Der CMO des Kantonsspitals Baselland wird Stiftungsrat bei der Organisation für Altersmedizin.

Vom gleichen Autor

image

Covid-19 ist auch für das DRG-System eine Herausforderung

Die Fallpauschalen wurden für die Vergütung von Covid-19-Behandlungen adaptiert. Dieses Fazit zieht der Direktor eines Unispitals.

image

Ein Vogel verzögert Unispital-Neubau

Ein vom Aussterben bedrohter Wanderfalke nistet im künftigen Zürcher Kispi. Auch sonst sieht sich das Spital als Bauherrin mit speziellen Herausforderungen konfrontiert.

image

Preisdeckel für lukrative Spitalbehandlungen?

Das DRG-Modell setzt Fehlanreize, die zu Mengenausweitungen führen. Der Bund will deshalb eine gedeckelte Grundpauschale - für den Direktor des Unispitals Basel ist das der völlig falsche Weg.