Telemedizin von Frauen – und nur für Frauen

Nicht nur Ärzte, sondern auch Hebammen oder Ernährungsberater. Nicht nur Sprechstunden, sondern auch Rundum-Pakete. Nicht für alle, sondern für eine Zielgruppe. Ein Telemedizin-Projekt zeigt, wie Grundversorgung dereinst aussehen könnte.

, 8. August 2016 um 06:14
image
  • telemedizin
  • praxis
  • trends
  • gynäkologie
Wir sind wieder auf ein interessantes Beispiel für einen Trend im Gesundheitswesen gestossen – nämlich dafür, dass das klassische Arzt-Patienten-Verhältnis aufgesplittet wird in zahlreiche Sub-Beziehungen zu verschiedenen Gesundheits-Betreuern.
Des Beispiel heisst «Maven», ist seit einigen Monaten in den USA aktiv, und zuerst einmal ist es ein Telemedizin-Angebot, das sich gezielt an Frauen richtet.
Konkret: Nur Frauen können hier als Kundinnen respektive Patientinnen eine Video-Konsultation erhalten; entsprechend stehen Fragen der Gynäkologie und der Geburtshilfe stark im Zentrum der gebotenen Betreuung.

Verschiedene Experten, eine Zielgruppe

Aber die Sache ist breiter. Denn erstens kann man via Maven nicht nur eine Ärztin kontaktieren, sondern auf Wunsch auch eine Pflegefachkraft, eine Hebamme oder eine Ernährungsberaterin. Es wird also eine ganze Palette von Fachleuten angeboten, welche Antworten auf spezifische gesundheitliche Fragen von Frauen haben könnten.
Zweitens versteht sich Maven auch als Austausch-Plattform in diesen Themenfeldern. Neben der klassischen Telemedizin-Sprechstunde finden die Nutzerinnen dort Diskussionsforen, bei denen Fragen diskutiert werden wie «Umgang mit Stress in den Zwanzigern», Yoga in der Schwangerschaft oder die Einschlafprobleme von Kleinkindern.
image
Und drittens offeriert das neue Telehealth-Unternehmen ganze Rundum-Pakete, beispielsweise zum Thema Mutterschaft: Da bekommt die Kundin Beratungsangebote, welche mit der Schwangerschaftsbetreuung beginnen und bis zu Fragen des Wiedereinstiegs am Ende des Mutterschaftsurlaub reichen. Alles online.
Telemedizin? Es ist Telemedizin der breiteren Art. Die Preise einer Video-Sprechstunde bei einer Ärztin beginnen bei 35 Dollar, wobei man aber eben – je nach Frage und Beratungswunsch – auch eine «Nurse Practitioner» angehen kann; dort kommen die Kosten dann auf 18 Dollar zu stehen.

«Google the weather, not your symptoms»

Denn eben: Es geht um Gesundheitsberatung in einem weiteren Sinne. «Google the weather, not your symptoms», lautet ein Slogan des Unternehmens – ein Spruch, den gewiss mancher Arzt unterschreiben würde.
Und so zeigt Maven doch neue Wege in der Grundversorgung auf: Die Kernidee liesse sich auch auf andere Themenfelder beziehungsweise Zielgruppen übertragen. Aber es hat natürlich guten Grund, dass es in diesem Projekt um Frauen geht: Die Zielgruppe ist gross – und ihre Anforderungen und Gesundheitsfragen sind oft spezifisch.

Was liesse sich auf die Schweiz übertragen?

«Das Gesundheitswesen ist ein Markt, der enorm von den Frauen dominiert wird, aber es gibt immer noch wenig Angebote, welche Frauen bei wichtigen Fragen begleiten», erklärte die Gründerin von Maven, Kate Ryder, gegenüber dem Wirtschafts-Portal «Businesss Insider».
Wie leicht sich so etwas auf die Schweiz übertragen liesse? Die Frage richtet sich einerseits an die Krankenkassen. Denkbar jedenfalls, dass solch ein niederschwelliges Angebot mit einem grossen Anteil an nicht-ärztlicher Betreuung auch hier als attraktive Lösung verstanden würde – ähnlich dem «Medpharm»-Modell der Swica, wo dem Arzt entweder eine Apotheke oder ein Telemed-Dienst vorgelagert wird.
Die zweite Frage wäre dann, ob sich die nötige Struktur für solche «Vertikal-Telemedizin-Dienste» in einem kleinen Markt wie der Schweiz finanzieren liesse. Immerhin: Hierzu dürften die Erfahrungen und Ergebnisse von Maven in den USA recht bald erste Ahnungen liefern.
Bilder: PD
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Was unsere Fingernägel über unsere Ernährung verraten

Eine Studie der Hochschule Fulda zeigt erstmals im Detail, wie zuverlässig Mineralstoffmuster in Nägeln den Ernährungsstil abbilden können.

image

Hospital-at-Home kommt ans linke Zürichseeufer

Ab sofort können Patienten am linken Zürichseeufer über das See-Spital Horgen, die Hospital at Home AG und die Spitex Horgen-Oberrieden zu Hause statt im Spital behandelt werden.

image

GZO Spital: Nationale Zertifizierung für Behandlung von Beckenbodenleiden

Die Frauenklinik in Wetzikon ist als erstes Schweizer Spital in den Qualitätsverbund Beckenboden aufgenommen worden.

image

Ein Oensinger Gesundheitszentrum betreibt den ersten «Medicomat» in der Schweiz

Das Gerät im Vitasphère-Gesundheitszentrum funktioniert wie ein Getränkeautomat. Doch statt Flaschen gibt der Automat rund um die Uhr Medikamente heraus.

image

Diese 29 Erfindungen machen die Medizin smarter

Das US-Magazin «Time» kürte die wichtigsten Innovationen des Jahres aus dem Gesundheitswesen. Die Auswahl zeigt: Fortschritt in der Medizin bedeutet heute vor allem neue Schnittstellen zwischen Mensch, Maschine und Methode.

image

KSGR: Frauenklinik führt 4-Tage-Woche ein

Die Frauenklinik Fontana des Kantonsspitals Graubünden führt eine 4-Tage-Woche ein: 42 Stunden werden auf vier Tage verteilt, das Gehalt bleibt unverändert. Andere Spitäler sehen das Modell skeptisch.

Vom gleichen Autor

image

Spital heilt, Oper glänzt – und beide kosten

Wir vergleichen das Kispi Zürich mit dem Opernhaus Zürich. Geht das? Durchaus. Denn beide haben dieselbe Aufgabe: zu funktionieren, wo Wirtschaftlichkeit an Grenzen stösst.

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.