Tarmed: Santésuisse gegen sofortige Prämien-Bremsen

Zu viele Schlupflöcher: Die Krankenkassen bezweifeln, dass der Tarmed-Eingriff des Bundesrates 2018 die gewünschten Ergebnisse bringt.

, 18. August 2017 um 09:05
image
  • tarmed
  • praxis
  • santésuisse
  • curafutura
Die Krankenversicherer glauben offenbar noch nicht recht dran, dass der Tarmed-Eingriff die gewünschten Spar-Ergebnisse bringt. In einer Stellungnahme distanziert sich ihr Verband Santésuisse von der Forderung, dass die Versicherer die Wirkung bereits in den Prämien 2018 berücksichtigt sollten. «Das ist ökonomisch ein falscher Ansatz», so Santésuisse: «Zuerst müssen tatsächlich Kosteneinsparungen ersichtlich sein, dann erst dürfen die Prämien sinken.»
Bundesrat Alain Berset äusserte am Mittwoch die Erwartung, dass der neue Ärztetarif ab 2018 rund 470 Millionen Franken an Prämieneinsparungen bringen werde – was einer Prämiensenkung von 1,5 Prozent entsprechen würde. 
Sollte dieses Ziel jedoch erreicht werden, so droht im Folgejahr 2019 ein besonders Prämiensprung: Dies jetzt die Befürchtung von Santésuisse. 

Die Macht der Erfahrung

«In welchem Umfang die Tarifsenkungen sich in den Leistungskosten bei den Ärzten und Spitälern niederschlagen, kann heute nicht zuverlässig vorausgesagt werden», so die Mitteilung aus Olten. «Die Erfahrungen mit der 2014 eingeführten Tarifsenkung für bestimmte Spezialarztleistungen zeigen, dass die betroffenen Ärzte und Spitäler die Mindereinnahmen mit einer Mengenausweitung kompensierten.»
Der andere Krankenkassenverband gibt sich optimistischer: Curafutura bezeichnet die erwartete 470-Millionen-Einsparung als «realistisch»: «Entsprechend werden die Mitglieder von Curafutura diese Einsparungen in die Prämien 2018 einrechnen.»

«Ärzte werden Schlupflöcher suchen»

Die offene Frage lautet: Wie intensiv werden die Leistungserbringer die Regierungs-Pläne umgehen? «In einem Tarifsystem mit über 4000 Positionen werden findige Ärzte Wege finden, um stattdessen andere Leistungen abzurechnen», sagte der Gesundheitsökonom Heinz Locher in «Der Bund».
Und ganz ähnliche Erwartungen hegt Willy Oggier: «Ärzte und Spitäler werden Schlupflöcher suchen, um die Mindereinnahmen zu kompensieren», so der Gesundheitsökonom: «Die Chance, dass tatsächlich 470 Millionen Franken eingespart werden können, ist daher gering.»
Ein Beispiel: Denn die präzisere Ausweisung der «Leistungen in Abwesenheit des Patienten» könnte sich schwerlich umsetzen lassen. Diese konkrete Befürchtung äusserte Felix Schneuwly von Comparis im «Bund». Denn erstens stellen die Ärzte die Rechnungen manchen Kassen direkt zu, ohne dass der Patient sie geprüft habe. Und zweitens sei der Patient viel abhängiger vom Arzt als von der Krankenkasse, weshalb er häufig davon absehe, Unregelmässigkeiten zu melden.
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

So will ein Landwirt die Tarifpartner entmachten

Die Hausärzte und Hausärztinnen sollen per Gesetzesänderung besser gestellt werden, verlangt eine Motion: Die Tarifpartner seien dazu nicht in der Lage.

image

Innovative Kinderradiologie am Kantonsspital Baden

Das Kantonsspital Baden setzt in seinem Neubau neue Massstäbe in der patientenfreundlichen Versorgung von Kindern und Jugendlichen. Die Kinderradiologie bietet ein breites Spektrum an diagnostischen und therapeutischen Leistungen und arbeitet eng mit anderen Fachbereichen zusammen.

image

H+ schlägt Alarm: 25 Prozent Unterfinanzierung im ambulanten Bereich

Das zeigt eine Auswertung des Vereins Spitalbenchmark. Der Spitalverband fordert deshalb sofortige Tarifanpassungen.

image

Nachhaltig: Bacillol® 30 Sensitive Green Tissues

HARTMANN erweitert sein Portfolio um die nachhaltigen Bacillol® 30 Sensitive Green Tissues. Die Tücher werden aus nachwachsenden Rohstoffen gefertigt und vereinen hohe Wirksamkeit, Materialverträglichkeit und Hautfreundlichkeit. Dabei werden Plastikabfall sowie CO₂-Emissionen reduziert.

image

Deshalb sind Ärzte vor Bundesgericht so erfolgreich

Schon wieder sind die Krankenkassen mit Rückforderungen bei Ärzten vor Bundesgericht abgeblitzt. Das höchste Gericht stützt neu die Ärzte besser.

image

Baulärm und Rechtsstreit: Praxis-Aus in Ebikon

Nach sieben Jahren schliesst das Medcenter in der «Mall of Switzerland». Ein Konkursverfahren ist bereits eingeleitet.

Vom gleichen Autor

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.