Spenden an Patientengruppen: Oftmals fehlt die Transparenz

Big Pharma finanziert Schweizer Patientenorganisation mit fast vier Millionen Franken. Viele Organisationen legen zwar die Namen der Pharma-Firmen offen, nicht aber die genauen Beträge.

, 7. August 2017 um 10:06
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Spendeten Pharmafirmen in der Schweiz vor ein paar Jahren noch 2,3 Millionen Franken an Patientenorganisationen, sind es heute bereits 3,9 Millionen Franken. Dies ist eine Steigerung von knapp 70 Prozent, wie eine Auswertung der Zeitung «Schweiz am Wochenende» zeigt.
Ein Resultat der Analyse von 20 grossen Pharmafirmen ist unter anderem: Die Beträge sind deutlich höher als vor knapp 15 Jahren – und nach wie vor ist Novartis am spendabelsten. Der Pharmariese hat seine Zuwendungen für Patientenorganisationen auf über 780'000 Franken mehr als verdoppelt. Roche folgt mit rund 511'600 Franken auf Platz drei.

MS-Gesellschaft mit über 330'000 Franken

Nebst «unternehmerischer Verantwortung» stecken auch Geschäftsinteressen hinter den Spenden, argumentiert die Aargauer Zeitung. Zu den grössten Profiteuren gehöre etwa die Multiple-Sklerose-Gesellschaft mit insgesamt 335’000 Franken Spenden. 
Die MS-Gesellschaft führt die Beträge detailliert im Finanzbericht auf. Eine solche Transparenz ist laut Bericht aber nicht immer der Fall. Diverse Patientenorganisationen legten zwar die Namen der Firmen offen, nicht aber die Beträge: so die Aids-Hilfe Schweiz, die Diabetes-Gesellschaft oder Parkinson Schweiz.

Fast alle akzeptieren Spenden

In den USA zeigt sich ein ähnliches Bild: Interessengruppen für Krebspatienten, Alzheimer oder HIV akzeptieren fast immer Spenden von Pharma-, Medizinaltechnik- und Biotech-Firmen; mehr als 80 Prozent der 100 grössten Patientenorganisationen empfangen dort solche Gelder, und bei einem Fünftel davon sind es Million Dollar und mehr.
Viele Patientengruppen veröffentlichen auch in den USA keine Beträge und nennen auch keine konkreten Namen. Nur eine der 104 Organisationen erklärte ausdrücklich, keine Gelder der Industrie zu akzeptieren, wie aus der im «New England Journal of Medicine» publizierten Studie hervorgeht (eine Zusammenfassung finden Sie hier).

«Fehlendes Problembewusstsein im Gesundheitswesen»

Die Intransparenz birgt Interessenkonflikte: Zum Beispiel wollen die Patienten günstige Medizin – die Pharmabranche hohe Umsätze. In den Vorständen und Leitungsgremien sitzen zudem oftmals (ehemalige) Führungskräfte der pharmazeutischen Industrie.
«Patientenorganisationen, die Gelder von der Pharmaindustrie annehmen, haben ein Glaubwürdigkeitsproblem», sagt der Gesundheitsökonom Heinz Locher zur «Schweiz am Wochenende». Selbst wenn die einzelnen Beträge nicht sehr hoch seien, bestehe doch zumindest eine psychologische Abhängigkeit. 
Locher bemängelt generell das fehlende Problembewusstsein im Gesundheitswesen, was Transparenz angeht. Patientengruppen könnten hier vorangehen.
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