Künftig können Frauen im Bürgerspital Solothurn und im Kantonsspital Olten ihr Kind gebären, ohne dass es ihr Umfeld erfährt. Die SoH-Spitäler haben die Möglichkeit der vertraulichen Geburt eingeführt.
Konkret kann sich nun eine schwangere Frau im Kantonsspital Olten oder im Bürgerspital Solothurn anmelden und dabei mitteilen, dass sie ihr Kind vertraulich gebären möchte. Sie erhält danach ein Pseudonym, ihre Krankenakte wird vertraulich behandelt. Die Betreuung während der Geburt ist dieselbe wie bei einer normalen Entbindung – inklusive allen Fachpersonen.
6 Wochen bis zur Adoptionsfreigabe
Die Idee: Dank der Anonymität sollen die Frauen in Notsituationen die Sicherheit der medizinischen Betreuung wählen – und nicht heimlich gebären.
Meistens gibt eine Mutter nach einer vertraulichen Geburt ihr Kind zur Adoption frei. Im Spital erhält das Baby eine Bezugspflegende; das Zivilstandsamt und die KESB werden informiert. Bis zur Adoptionsfreigabe gilt eine Frist von sechs Wochen, in der die Mutter ihr Kind auch sehen darf. Danach gilt noch einmal eine sechswöchige Widerrufsfrist, bis das Kind definitiv in eine Adoptionsfamilie gegeben werden kann.
Da der Name der Mutter beim Zivilstandsamt hinterlegt wird, ist das Recht auf Kenntnis seiner Abstammung gewährleistet. Denn das Kind kann bei Volljährigkeit die Personalien der leiblichen Mutter erfahren, sofern es dies wünscht.
Das Babyfenster, das am Kantonsspital Olten seit Juni 2013 in Betrieb ist, bleibt als Angebot bestehen.
Ein bis zwei Dutzend Fälle
Neu ist das Prinzip nicht: Bereits bieten mehrere grosse Spitäler die Möglichkeit einer vertraulichen Geburt an – etwa in Zürich, Lausanne, Genf und Frauenfeld. Der
Bundesrat begrüsste die Möglichkeit unlängst in einem Bericht ausdrücklich. Eine Expertin des Genfer Jugendamtes schätzte kürzlich in der
«Sonntagszeitung», dass es in der Schweiz zwischen 15 und 25 vertrauliche Geburten pro Jahr gibt.
Babyfenster in der Schweiz: Spitäler und Nutzung | Stand Oktober 2016 | Quelle: BfJ
Die vertrauliche Geburt ist nicht zu verwechseln mit der anonymen Geburt, bei der die Mutter ohne Namensangabe das Spital wieder verlässt: Sie ist in der Schweiz verboten (da die volle Anonymität zum Beispiel das Recht des Kindes untergräbt, dereinst seine Herkunft zu erfahren).
Das Babyfenster wiederum mag faktisch nahe an der anonymen Geburt sein – doch wie der Bundesrat im letzten Herbst festhielt, würde ein Verbot wohl dazu führen könnte, dass eine Mutter in Not ihr Kind im Versteckten aussetzt und dieses medizinisch nicht rechtzeitig betreut werden kann.
Fazit: «Um dies zu verhindern, sind nach Ansicht des Bundesrates die erwähnten negativen Aspekte des Babyfensters in Kauf zu nehmen».