So könnte die Ausbreitung der Pandemie verringert werden

Forscher des renommierten Massachusetts Institute of Technology lassen Menschen jetzt in das Smartphone husten. Die Sensitivität bei asymptomatischen Covid-19-Personen: 100 Prozent.

, 5. November 2020 um 09:00
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Wissenschaftler des weltweit bekannten Massachusetts Institute of Technology (MIT) sorgen mit ihren bahnbrechenden Erfindungen immer wieder für Schlagzeilen. Auch im Kampf gegen die Corona-Pandemie ruhen sie keineswegs: Derzeit entwickeln die Forscher in Massachusetts ein auf Künstlicher Intelligenz (KI) basierendes Screening-Tool. 
Dabei lassen sie Menschen in das Mikrofon ihres Smartphones oder Laptops husten – wie bei einer Auskultation. Ein Algorithmus analysiert die Zwangs-Husten-Aufzeichnungen. 
Die Wissenschaftler erreichen mit dem Tool eine Sensitivität von 98,5 Prozent. Das heisst: Das Modell identifiziert 98,5 Prozent der Personen, die positiv auf Covid-19 getestet wurden.

Für Schule, Arbeit und Freizeit

Untersuchten die MIT-Wissenschaftler nur die Gruppe asymptomatischer Personen, kamen sie sogar auf eine Sensitivität von 100 Prozent. Personen ohne Symptome können die Infektion unwissentlich auf andere übertragen. 
Das praktische Tool wäre eine wirksame und leistungsfähige Alternative für Antigen- oder PCR-Massentests.
«Die Implementierung dieses Tools könnte die Ausbreitung der Pandemie verringern, wenn jeder es nutzt, bevor er in ein Klassenzimmer, eine Fabrik oder ein Restaurant geht», erklärt Brian Subirana vom MIT laut einer Pressemitteilung.

Wollen eine App entwickeln

Die Studienautoren halten fest, dass ihr Tool nicht dazu gedacht sei, bei symptomatischen Patienten Erkrankungen zu diagnostizieren. Vielmehr liege die Stärke darin, asymptomatische Personen zu erkennen – und zum Test zu schicken.
Das Team arbeitet nun mit Hochdruck daran, das KI-Modell in eine benutzerfreundliche App zu integrieren. Sie trainierten das Modell bereits an Zehntausenden von Hustenproben. Ihre Ergebnisse publizierten die Forscher um Jordi Laguarta im Fachmagazin «IEEE Open Journal of Engineering in Medicine and Biology».

KI-Methode ist nicht neu

Dass Menschen für eine Therapie oder Behandlung in ein Smartphone husten, ist nicht neu. Bereits vor dem Ausbruch der SARS-CoV-2-Pandemie haben mehrere Forschergruppen Algorithmen entwickelt, um Krankheiten wie Lungenentzündung und Asthma anhand von künstlichem Husten zu erkennen. Die marginalen Unterschiede sind für das menschliche Ohr nicht zu entziffern, können allerdings durch künstliche Intelligenz relativ genau festgestellt werden.

Jordi Laguarta, Ferran Hueto, Brian Subirana: «COVID-19 Artificial Intelligence Diagnosis using only Cough Recordings», in: «IEEE Open Journal of Engineering in Medicine and Biology». September 2020.
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