Senevita-Chef - nur 8 Monate im Amt

Christoph Gassner war nur gerade acht Monate CEO von Senevita. Die Pflegeheimgruppe versuchte, dies unter dem Deckel zu halten. Genauso wie den Abgang des Finanzchefs und die Kündigung weiterer GL-Mitglieder.

, 14. Januar 2020 um 16:30
image
  • senevita
  • pflege
«Normalerweise ist Medinside sehr nahe am Geschehen dran. Bei Senevita gab es offenbar ein grösseres Sesselrücken. Habe ich in Medinside etwas überlesen?» 
Nein, der Verfasser dieses Mails hat nichts überlesen. Und ja, Medinside war in diesem Fall nicht nahe am Geschehen. Denn die Pflegeheimkette, sonst mit dem Versand von Mitteilungen keineswegs zurückhaltend, fand es nicht für nötig, den Abgang ihres Chefs zu kommunizieren.
Nun, Christoph Gassner war nur gerade acht Monate CEO von Senevita: von Januar bis August 2019. Vorher war der 43-Jährige während sieben Jahren in anderen Funktionen bei der Pflegeheimgruppe tätig. Und noch vorher arbeitete Gassner als Wirtschaftsprüfer bei Deloitte in Zürich.
Über den Grund des kurzen Gastspiels kann man derzeit nur spekulieren. Angeblich nahm Gassner eine Auszeit, wie es auf Nachfrage beim Hauptsitz in Muri bei Bern heisst. So stands am Dienstagabend an dieser Stelle. 

Direkte Führung aus Österreich

Mittlerweile haben aber Recherchen eine andere, brisantere Geschichte ans Licht gebracht, die die Mediensprecherin auch nicht erzählen wollte. Gassner hatte gekündigt, weil er mit der Änderung der Konzernorganisation nicht einverstanden war.  
Die Muttergesellschaft Orpea in Paris  will eine direkte Führung aus Österreich, womit die Rolle des CEO in der Schweiz zu einer Farce geworden wäre.  Dies ist von einer Person zu erfahren, die die Situation aus nächster Nähe kennt. Gassner sei der Meinung gewesen, dass  Senevita von einem Schweizer Team geführt werden müsse. 
Wie weiter zu erfahren ist, wurde auch der Finanzchef wegen der strategischen Differenzen freigestellt, was die Firmensprecherin ebenfalls nicht sagen wollte. 
Im weiteren haben nach der gut informierten Quelle auch die Leitung Marketing, die beiden Regionaldirektoren für Ost und West ihre Stelle gekündigt.  Damit nicht genug: Auch die Leiterin Pflege und die Verantwortliche für Aus- und Weiterbildung wollen den zweitgrössten Player im Schweizer Pflegemarkt angeblich verlassen.

Gassner mit vollem Tatendrang

Im Juni letzten Jahres gab Christoph Gassner gegenüber Medinside ein Interview und wirkte dabei voller Tatendrang. 
Das Interview fand kurz vor dem Frauenstreik statt. Und so machte Christoph Gassner klar, dass Frauen bei Senevita gleich gut entlöhnt würden wie Männer. «Wir könnten uns eine schlechtere Bezahlung gar nicht erlauben». Wenn eine Pflegefachkraft mit dem Lohn oder mit den Arbeitsbedingungen nicht zufrieden wäre, könnte sie kündigen und sofort eine neue Anstellung finden, sagte Gassner. «Der Arbeitsmarkt ist in unserer Branche total ausgetrocknet. Wir haben einen Arbeitnehmermarkt.»
So ist also Senevita, nach eigenen Angaben führend im Bereich Betreutes Wohnen und Pflege,  derzeit ohne CEO. Ob dann der Name des neuen CEO dereinst kommuniziert wird? Das werde zu gegebener Zeit entschieden, heisst es am Hauptsitz in Muri  bei Bern. 
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Sektionen des Pflegefach-Berufsverbands lösen sich auf

Mit etwas Wehmut nehmen die bisherigen regionalen Sektionen des Berufsverbands Abschied. Ab nächstem Jahr gibt es nur noch eine gesamtschweizerische Organisation.

image

Ein Blutstropfen Hoffnung bei Alzheimer

Neue Bluttests könnten die Alzheimer-Diagnostik revolutionieren – früher, einfacher, präziser. Sie eröffnen Chancen, das Gesundheitssystem zu entlasten und geben Patient:innen und Ärzt:innen neue Hoffnung.

image

BFS: Zahl privater Spitex-Anbieter erreicht Rekordwert

Die Zahl privater Spitex-Anbieter erreichte 2024 einen neuen Höchststand: 844 gewinnorientierte Unternehmen leisten immer mehr Pflegestunden, während gemeinnützige Organisationen Marktanteile verlieren.

image

Pflegeinitiative: Politik bremst bei der Umsetzung – erst Kosten, dann Gesetz

Die Beratungen über das neue Pflegegesetz gehen in eine neue Runde: Die zuständige Nationalrats-Kommission will genauer wissen, was das kostet. — «Unfassbar!», kommentiert dies der Personalverband SBK.

image

Krankenkassen fordern Vorgaben für psychiatrische Angehörigenpflege

Mit Qualitätsverträgen wollen die Krankenversicherungen die Grenze zwischen psychiatrischer Grundpflege und Alltags-Betreuung bestimmen.

image

Pflegeinitiative: SBK gegen Medienberichte

Zwei Milliarden jährlich für bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege? Nach Meldungen über Milliardenkosten wegen der Pflege-Initiative warnt der Personalverband SBK vor einer verzerrten Debatte.

Vom gleichen Autor

image

Bürokratie in der Reha - Kritik am Bundesrat

Die Antwort der Regierung auf eine Interpellation zur Entlastung der Rehabilitation überzeugt kaum – Reformvorschläge bleiben vage, die Frustration wächst.

image

Das Kostenfolgemodell lässt auf sich warten

Der Ständerat überweist die Motion Wasserfallen an die zuständige Kommission. Man nennt dies Verzögerungstaktik.

image

«Die Angehörigenpflege darf nicht zu einem Geschäftsmodell werden»

Ambitionslos und verantwortungslos - die SP-Nationalrätin Ursula Zybach ist vom Bericht des Bundesrats enttäuscht.