Privatkliniken Schweiz: Politische Schritte gegen Diskriminierung

Ein Gutachten der Universität Luzern untermauert die schleichende Abschaffung der freien Arzt- und Spitalwahl in einigen Kantonen. Die Privatkliniken wollen nun verstärkt dagegen vorgehen.

, 23. März 2016 um 09:00
image
  • spital
  • privatkliniken
Die Privatspitäler wittern eine Diskriminierung – und vor allem, dass sich diese Diskriminierung ausweitet. 
So verunmöglichten einige Kantone den Zugang zu privaten Listenspitälern ab einem bestimmten Zeitpunkt im Jahr, indem der Kantonsanteil für Grundversicherte nur noch für Behandlungen an öffentlichen Spitälern übernommen wird.
Oder es würden jenen Patienten die kantonalen Kostenanteile verweigert, die sich in einem anderen als dem Wohnkanton zum Beispiel in einer Privatklinik behandeln lassen wollen.
Letztlich werde durch solche Methoden die freie Arzt- und Spitalwahl in einigen Kantonen «schleichend abgeschafft», meldet Privatkliniken Schweiz PKS. Der Verband legt ein neues Gutachten vor, das die Rechtsmässigkeit solcher Methoden überprüft. Erarbeitet wurde es von Bernhard Rütsche, einem Gesundheitsrechtler der Universität Luzern.
Einige grundlegende Befunde dabei: 
  • Die Kantone sind nicht befugt, im Rahmen der Spitalplanung zusatzversicherte Leistungen zu regulieren. Es gilt der Grundsatz der versicherungsneutralen Spitalplanung.
  • Beschränkt der Kanton die Mengensteuerung zulasten zusatzversicherter Personen auf Privatspitäler, verletzt er den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Wettbewerbsneutralität und den Anspruch auf Gleichbehandlung von Konkurrenten.
  • Der Kanton muss die öffentlichen und privaten Spitäler bei der Zuteilung von Globalbudgets und Leistungsmengen gleich behandeln.
  • Kantone verletzen Bundesrecht, wenn sie die in Leistungsaufträgen an Listenspitälern festgelegten Beschränkungen von Leistungsmengen auf ausserkantonale Patienten anwenden.
  • Die Kantone haben nicht das Recht, die Erbringung stationärer Gesundheitsleistungen ausserhalb der OKP Leistungsaufträge bedarfsorientiert zu steuern.
Kurz: Laut dem Gutachten von Bernhard Rütsche, Ordniarius für öffentliches Recht an der Universität Luzern, befinden sich Kantone wie Neuenburg, Freiburg, Aargau, Zürich, Waadt und Genf bei der Umsetzung der freien Arzt- und Spitalwahl auf rechtlichem Glatteis – spätestens seit dem neuen Krankenversicherungsgesetz 2012. 

Politische und rechtliche Schritte

Der PKS sehe sich nun gezwungen, auch politisch gegen solche Methoden vorzugehen, so die neue Mitteilung. Denkbar sei, dass der Verband die Sicherstellung der freien Spitalwahl ins Parlament trägt, etwa indem dort eine Präzisierung der entsprechenden KVG-Bestimmungen aufgegleist werde.
Zugleich würden die Privatkliniken in den betroffenen Kantonen weiterhin rechtliche Schritte anstrengen: Denn die vom KVG geforderte freie Arzt- und Spitalwahl sei akut bedroht.
Letzlich werde die Mehrfachrolle der Kantone – als Besitzer, Zahler und Regulator – zum Vorteil der eigenen Spitäler missbraucht, so das Fazit. 
Mehr Details dazu in der «Berner Zeitung»: «Kantone tricksen das Gesetz aus».
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Basel: Adullam-Stiftung engagiert Jörg Leuppi

Der CMO des Kantonsspitals Baselland wird Stiftungsrat bei der Organisation für Altersmedizin.

image

USZ macht Verlust von 49 Millionen Franken

Verantwortlich dafür sind unter anderem inflations- und lohnbedingte Kosten. Zudem mussten Betten gesperrt werden.

image

Auch das KSW schreibt tiefrote Zahlen

Hier betrug das Minus im vergangenen Jahr 49,5 Millionen Franken.

image

...und auch das Stadtspital Zürich reiht sich ein

Es verzeichnet einen Verlust von 39 Millionen Franken.

image

Kantonsspital Olten: Neuer Chefarzt Adipositaschirurgie

Urs Pfefferkorn übernimmt gleichzeitig die Führung des Departements Operative Medizin.

image

SVAR: Rötere Zahlen auch in Ausserrhoden

Der Einsatz von mehr Fremdpersonal war offenbar ein wichtiger Faktor, der auf die Rentabilität drückte.

Vom gleichen Autor

image

Katar sucht 4000 Fachpersonen aus der Gesundheitsbranche

Die Gesundheits-Strategie 2022 des Emirats will die medizinische Versorgung massiv abbauen. Der Wüstenstaat will 4000 Fachpersonen aus aller Welt rekrutieren.

image

Swiss Medtech Award: Das sind die drei Finalisten

Drei Unternehmen zeigen den State of the Art: Es geht um präzisere Tumor-Operationen, um Trainingshilfen für Schlaganfall-Patienten – und um Operationen in den Tiefen des Auges.

image

«Beeindruckend hoch»: Jeder dritte Arzt steigt aus

Neue Daten machen es offensichtlich: Die Gesundheitsbranche kann ihr Personal nur schlecht halten. Viele steigen aus. Und die meisten wechseln dann den Beruf und die Branche.