Patientenzufriedenheit: Weshalb die Befragungen wenig taugen

Die Resultate hängen stark davon ab, ob der Arzt konkrete Wünsche der Patienten erfüllt. Das ist ein Problem.

, 6. Dezember 2017 um 15:12
image
  • patientenzufriedenheit
  • ranking
  • praxis
Hier eine Studie aus der Reihe «Was wir schon immer geahnt haben». Sie besagt: Patientenzufriedenheit ist eine zwiespältige Sache. Oder anders: Zufriedenheitsnoten taugen bestenfalls wenig, schlimmstenfalls schaden sie.
Denn sie hängen stark davon ab, ob der Arzt das macht, was der Patient möchte – ganz gleich, ob es medizinisch sinnvoll ist.
Ein Team von Hausarztmedizin-Forschern der University of California beobachtete dazu 1'140 Patienten. Die Wissenschaftler befragten die Personen am Ende von insgesamt 1'320 ambulanten Konsultationen bei Hausärzten: Wie zufrieden waren Sie?
Zugleich stellten sie auch die Frage, ob von den Patienten denn Wünsche an den Arzt herangetragen worden seien. Und wenn ja, welche. Und ob der Mediziner ihnen stattgegeben habe.
In etwa zwei Drittel der Fälle berichteten die Patienten von einem Wunsch – etwa nach Antibiotika, nach einem Schmerzmittel, nach einem Zeugnis, nach einer bestimmten Untersuchung oder nach einer Überweisung zu einem Spezialisten.

Die Ärzte sagten sehr oft Ja

In 85 Prozent dieser Fälle willigten die Ärzte ein. Taten sie dies aber nicht, so schätzten die Patienten den Mediziner auch als schlechter ein. In Zahlen: Bei jenen Patienten, denen der Arzt einen konkreten Wunsch abgeschlagen hatte, lagen die Zufriedenheitsnoten um durchschnittlich 9 bis 20 Prozent tiefer.
Besonders kritisch waren die Patienten, wenn der Hausarzt sie nicht an einen Spezialisten überweisen wollte (–20 Prozent). Am ehesten akzeptierten sie es, wenn der Arzt zu einem gewünschten Labortest Nein sagte (–9 Prozent).

Die Antibiotika-Toleranz

Allerdings gab es auch Ausnahme. Die Interessantesten: Wenn der Arzt nicht auf den Wunsch nach einem Antibiotikum und nach einem Röntgenbild einging, liessen sich im Sample keine signifikant tieferen Benotungen festmachen.
Die Autoren schlossen daraus, dass die Ärzte wohl tendenziell besser erklären müssten, was ihre Beweggründe für eine Ablehnung sind. Ein amerikanischer Chirurg, der als «Sceptical Scalpel» einen sehr bekannten Blog führt, kam allerdings zu einem völlig anderen Schluss«In my opinion an even better solution would be to abolish patient satisfaction surveys.» 
Kurz: Man solle doch einfach aufhören mit diesen Zufriedenheits-Erhebungen.
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

So will ein Landwirt die Tarifpartner entmachten

Die Hausärzte und Hausärztinnen sollen per Gesetzesänderung besser gestellt werden, verlangt eine Motion: Die Tarifpartner seien dazu nicht in der Lage.

image

Innovative Kinderradiologie am Kantonsspital Baden

Das Kantonsspital Baden setzt in seinem Neubau neue Massstäbe in der patientenfreundlichen Versorgung von Kindern und Jugendlichen. Die Kinderradiologie bietet ein breites Spektrum an diagnostischen und therapeutischen Leistungen und arbeitet eng mit anderen Fachbereichen zusammen.

image

Nachhaltig: Bacillol® 30 Sensitive Green Tissues

HARTMANN erweitert sein Portfolio um die nachhaltigen Bacillol® 30 Sensitive Green Tissues. Die Tücher werden aus nachwachsenden Rohstoffen gefertigt und vereinen hohe Wirksamkeit, Materialverträglichkeit und Hautfreundlichkeit. Dabei werden Plastikabfall sowie CO₂-Emissionen reduziert.

image

Deshalb sind Ärzte vor Bundesgericht so erfolgreich

Schon wieder sind die Krankenkassen mit Rückforderungen bei Ärzten vor Bundesgericht abgeblitzt. Das höchste Gericht stützt neu die Ärzte besser.

image

Baulärm und Rechtsstreit: Praxis-Aus in Ebikon

Nach sieben Jahren schliesst das Medcenter in der «Mall of Switzerland». Ein Konkursverfahren ist bereits eingeleitet.

image

Heimarzt-Besuche: Krankenkassen kritisieren Weg- und Wechsel-Entschädigungen

Das SRF-Konsumentenmagazin «Kassensturz» prangert hohe Wegentschädigungen von Heimarztbesuchen an. Die betroffene Firma Emeda verteidigt ihr Abrechnungsmodell, hat aber Anpassungen vorgenommen.

Vom gleichen Autor

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.