Sprechen Ärzte an grösseren Veranstaltungen oder Kongressen, so werden diese von Männern in der grossen Mehrzahl mit «Doktor Joe Smith» angekündigt. Kommt aber eine Ärztin aufs Podest, so nennen die männlichen Kollegen diese hauptsächlich mit dem Vornamen: zum Beispiel «Julia».
Zu diesem Schluss kommt jetzt eine Studie aus den USA, durchgeführt von Ärztinnen der bekannten Mayo Klinik. Insgesamt analysierten die Medizinerinnen über 300 Videos aus rund 125 Konferenzen auf dem Campus.
Männer – Frauen: Nur jeder Zweite
Das Ergebnis der im «Journal of Women's Health» publizierten Studie: Frauen nennen den Berufstitel der Männer und Frauen in 96 Prozent; Männer hingegen kommen auf knapp 66 Prozent. Weiter zeigte sich folgendes Bild:
- Frauen – Frauen 97.8 Prozent
- Männer – Männer: 72.4 Prozent
- Frauen – Männer: 95.0 Prozent
- Männer – Frauen: 49.2 Prozent
Julia A. Files et al.: «Speaker Introductions at Internal Medicine Grand Rounds: Forms of Address Reveal Gender Bias», in: «Journal of Women's Health»«Das ist beleidigend»
«Es ist die Ungleichheit und der Kontext», erklärt Studienautorin Sharonne Hayes
der Zeitung «Washington Post». Sie habe nichts dagegen, Sharonne genannt zu werden. «Aber wenn alle Männer «Doktor Jones» genannt werden und alle Frauen nur durch ihre Vornamen, dann ist das beleidigend.»
Denn diese Ungleichheit kann ihr zufolge die Leistung einer Frau beeinflussen. «Ich gehe davon aus, dass es unbeabsichtigt ist.» Aber es löse halt einen «Weniger-als-Effekt» aus.
Klinik führt Richtlinien ein
Die Mayo Klinik hat reagiert: Sie legt jetzt Redner-Richtlinien für Namenseinführungen in Grossrunden fest. Der Berufstitel «Doktor» müsse künftig bei der ersten Referenz an Veranstaltungen und Konferenzen verwendet werden, heisst es – egal, ob Mann oder Frau.