Es ist eine der Kernfragen bei der Durchsetzung der Telemedizin im Gesundheitsalltag: Wie verlässlich sind die Fern-Diagnosen überhaupt? Erstaunlicherweise gibt es nur wenige wissenschaftliche Untersuchungen, welche der Frage en detail nachgingen.
Interessant darum eine Untersuchung, bei der eine Reihe grosser Telemedizin-Anbieter quasi einem Blindtest unterzogen wurden, durchgeführt von Medizinern diverser Fachgebiete in Kalifornien.
Eine erste Aussage dabei: Die Diagnosen, die sich aus der Ferne erlangen lassen, sind grossmehrheitlich präzise. Doch die Qualität schwankt – je nach Anbieter, aber vor allem auch je nach der Krankheit, um die es geht.
Bei diesem Test führten Patientendarsteller knapp 600 Anfragen durch, wobei sie die Symptome von sechs verschiedenen Krankheiten vorwiesen: Knöchelverstauchung, Streptokokken-Pharyngitis, virale Pharyngitis, akute Nasennebenhöhlen-Entzündung, Kreuzschmerzen und wiederholte Harnweginfektion bei Frauen. Bei insgesamt acht verschiedenen Telemed-Anbieter wurden die Ärzte mit diesen akuten Beschwerden konfrontiert.
Die gute Nachricht dabei: Mit grosser Mehrheit arbeiteten die Ärzte präzise. In 75,6 Prozent der Fälle stellten sie die korrekte Diagnose. In knapp 9 Prozent der Fälle waren sie unsicher und gaben keine Diagnose ab – andererseits kam es 89 mal dazu, dass die Ärzte falsch lagen. Macht eine Fehlerquote von knapp 15 Prozent.
Hohe Fehlerquote bei der Pharyngitis
Interessanterweise gab es Beschwerden, bei denen die Abweichungen zwischen den einzelnen Anbietern relativ gross waren – dazu gehörten die virale Pharyngitis und die Nasennebenhöhlen-Enzündung. Bei der Streptokokken-Pharyngitis und den Kreuzschmerzen waren die Diagnosen – quer durch die konkurrierenden Anbieter – viel übereinstimmender.
Die Krankheit, bei der die besten Werte erzielt wurden – also am meisten Telemedizin-Ärzte die richtige Diagnose stellten – war die weibliche Harnwegsinfektion. Recht breit indessen war die Bandbreite bei der Streptokokken-Pharyngitis – mit entsprechend höherer Fehlerquote.
Namentlich nennen Schoenfeld et al die gestesteten Telemedizin-Firmen nicht: Es handelte sich einfach um die acht Marktführer in den Vereinigten Staaten. Feststellbar waren aber schon deutliche Unterschiede zwischen dem Spitzenreiter, der über alle Test-Patienten gesehen zwischen knapp 90 und 100 Prozent richtig lag, und der unsichersten Firma, wo die Diagnosen teils nur zu gut 50 Prozent stimmten.