Finanzen: Die Luft in den Spitälern wird dünner

Mehr als ein Viertel der Schweizer Akutspitäler schreibt rote Zahlen. Spitäler wie Psychiatrien müssen ihre Ergebnisse verbessern. Und doch werden weiter Kliniken verschwinden. Dies besagen neue Daten von PwC.

, 18. Februar 2016 um 12:15
image
  • spital
  • psychiatrie
  • wirtschaft
  • pwc
Frage: Wie solide wirtschaften unsere Spitäler? Antwort: Es geht so. Dies in etwa das Fazit einer Erhebung von PwC Schweiz. Die Spezialisten der Auditing- und Beratungsfirma untersuchten die Finanzdaten von 28 Akutspitälern, darunter 15 Kantonsspitäler und so wichtige Häuser wie USZ, USB und das Inselspital.
«Die Finanzergebnisse von mehr als der Hälfte der untersuchten Stichprobe reichen noch nicht aus, um nachhaltig erfolgreich zu wirtschaften», fassen die Autoren Patrick Schwendener und Philip Sommer ein Kernergebnis zusammen.

PwC Schweiz: «Schweizer Spitäler: So gesund waren die Finanzen 2014», Februar 2016

Was heisst das konkret? Es geht um die Geschäftszahlen von 2014. In jenem Jahr erzielten die erfassten 28 Akutspitäler im Schnitt (Median) eine EBITDA-Marge von 6,4 Prozent. Das heisst: Von 100 eingenommenen Franken blieben nach Abzug aller Personal- und Sachaufwendungen 6,40 Franken übrig. Um aber die notwendigen Anlagen langfristig finanzieren beziehungsweise refinanzieren zu können, müsste diese Quote 10 Franken betragen – respektive 10 Prozent.
Ein heikler Punkt dabei: In den Jahren davor stellte PwC einen stetigen Trend zur Verbesserung der EBITA- beziehungsweise EBITDA-Marge fest. Im nun erfassten Geschäftsjahr 2014 kam es jedoch zu einem Dämpfer, die Gewinnmarge war etwas tiefer als 2013. 
image
EBITDA-Margen von ausgewählten Schweizer Spitälern, Median, 2007 bis 2014 (Grafik: PwC)
Gewiss: Solche Mittelwerte besagen nicht allzuviel über die Solidität einzelner Spitäler. Sechs der 28 untersuchten Akutspital-Unternehmen schafften es über den Zielwert von 10 Prozent, wobei das «effizienteste» Spital 12,5 Prozent erreichte. Das «ineffizienteste» Haus hingegen erzielte minus 0,7 Prozent.
Der Rückgang 2014 drückte sich auch eine Stufe weiter aus, im reinen Betriebsgewinn (der so genannten EBIT-Marge): Dieser Wert sank von 1,9 Prozent im Vorjahr 2013 auf 1,4 Prozent – eine im Vergleich zu anderen Branchen enorm tiefe Zahl.

Mehr Ertrag, weniger Aufwand, mehr Effizienz

Von den untersuchten 28 Spitälern wiesen am Ende acht einen Verlust aus; in den beiden Vorjahren hatten nur je drei Häuser rote Zahlen geschrieben.
Zwei Dinge werden also klar aus der neuen Spitäler-Studie von PwC:

  • Die Akutspitäler müssen in Zukunft weitere Ergebnisverbesserungen erzielen – sei es über steigende Erträge, tiefere Aufwände oder über Investitionen, welche ihre Effizenz erhöhen. «In der Konsequenz werden sich Spitäler künftig noch klarer positionieren, und ambulante Angebote zur Sicherung von stationären Zuweisungen werden an Bedeutung gewinnen», erwarten die Berater von PwC.
  • Zudem: Im Schweizer Spitalmarkt dürfte die Konsolidierung weitergehen – Kliniken werden verschwinden. 
Spitäler, für die es eng wird, haben grundsätzlich drei Möglichkeiten, so Patrick Schwendener und Philip Sommer: Änderung der strategischen Ausrichtung; Verkauf an ein erfolgreiches Spital beziehungsweise Spitalbetreiber; oder im Extremfall
die Schliessung.

Damit aber werde es in der helvetischen Spitallandschaft vermehrt zu konzernartigen Strukturen oder Fusionen mit voller betrieblicher Integration kommen.

Auch die Schweizer Psychiatrie muss profitabler werden

Zum ersten Mal erfasste die Finanzierungsstudie von PwC auch psychiatrische Kliniken. Hier ist die Problematik etwas anders gelagert. Denn Psychiatrie ist weniger anlageintensiv, auf der anderen Seite ist der Anteil der Personalkosten noch höher: Er erreicht rund 80 Prozent der Gesamtaufwendungen.
Berechnet wurden die Kennzahlen für neun Schweizer Psychiatrien in den Jahren 2012 und 2014. Und heraus kam, dass die EBITDA-Margen hier sogar leicht tiefer liegen als bei den Akutspitälern: Sie erreichen 5,8 Prozent.
Der Wettbewerb wird heftiger
Die fürs langfristige Überleben notwendige Zahl läge aber eher bei 8 Prozent, so die PwC-Erwartung (sie ist etwas tiefer als bei den Akutspitälern, da die Psychiatrie, wie erwähnt, weniger teure Gebäude und Anlagen benötigt).
«Mittelfristig werden also auch die Schweizer Psychiatrien ihre Profitabilität noch erhöhen müssen», folgern die PwC-Ökonomen.
Auf der anderen Seite dürfte sich Wettbewerb unter den Psychiatrien – zeitlich verzögert – in den kommenden Jahren verschärfen. Die Leitungen der Kliniken werden sich vermehrt mit ihrer strategischen Positionierung, ihren Prozessen oder ihrer Effizienz befassen müssen. Verschärft wird das Ganze durch die für 2018 geplante Einführung des neuen Tarifsystems Tarpsy, das die derzeitige Entschädigung über Tagespauschalen ablösen soll. 

Siehe auch: «Spital-Bau-Boom in der Schweiz: Ist das noch gesund?»

Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Spital Affoltern: Arzt weg, Zentrum geschlossen

Das Schmerzzentrum des Spitals Affoltern muss schliessen - weil ihm der einzige Belegarzt, Michael Heesen, abhanden gekommen ist.

image

Das Spital Thusis soll leben – der Kanton soll zahlen

Die Trägergemeinden und die Leitung der Stiftung Gesundheit Mittelbünden wollen das bestehende Versorgungsangebot retten.

image

Sagen Sie es uns: Welches Spital soll geschlossen werden?

Regelmässig hört man, die Schweiz solle auf Spitäler verzichten. Also gut: Werden wir konkret. Welche Häuser sollen weg? Medinside sucht die Namen.

image

CHUV: Die Zahlen sind rot – aber immerhin nicht röter

Beim Lausanner Universitätsspital soll eine Taskforce nun helfen, das finanzielle Gleichgewicht wieder zu erlangen.

image

USZ: Neue Direktorin am Institut für Anästhesiologie

Sina Coldewey übernimmt per Anfang 2025 das Institut für Anästhesiologie und Perioperative Medizin.

image

Zürich verschreibt Bewegung: Stadt testet «soziale Rezepte»

Tanzkurs, Gartenarbeit oder Schuldenberatung auf Rezept - der Zürcher Stadtrat hat ein entsprechendes Projekt bewilligt.

Vom gleichen Autor

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.