Praxisinhaber ohne Bewilligung muss ins Gefängnis

Ein Mann praktizierte in der Schweiz zehn Jahre lang ohne Bewilligung als Allgemeinmediziner. Er nutzte unter anderem Abrechnungscodes eines Kollegen.

, 6. Februar 2020 um 09:39
image
  • spital
  • ärzte
  • praxis
Er untersuchte, diagnostizierte, verschrieb Medikamente. Ohne über ein in der Schweiz gültiges Arztdiplom zu verfügen. Und das während fast zehn Jahren. Nun verurteilt ein Genfer Gericht den Mann: zu einer Strafe von drei Jahren, wie mehrere Medien aus der Romandie berichten (zum Beispiel hier). Sechs Monate davon muss der heute 55-Jährige ins Gefängnis.
Seine Täuschung war clever. Patienten und Versicherer bemerkten nichts. Um seine wahre Identität zu verbergen, nutzte er die Abrechnungscodes eines Kollegen. Dafür soll dieser, inzwischen wohnhaft in Französisch-Guayana, 2 000 Franken pro Monat verlangt haben. Bei den Kontrollen in seinem Büro gab sich der Mann sogar mit dem Namen des befreundeten Radiologen aus. 

Arbeitete früher am Unispital 

Aufgeflogen ist der im zentralafrikanischen Land Gabun geborene Scheinarzt, weil es bei Rezepten für Dormicum und Stilnox für Drogenabhängige zu Unregelmässigkeiten gekommen war. Der Fall kam ins Rollen: Falscher Name, falsche Rezepte, falsche Stempel. Er verbrachte 2018 drei Monate im Gefängnis Champ-Dollon.
Der Allgemeinmediziner, der seine Praxis an der Rue da la Dôle im Genfer Quartier Charmilles führte, lebt seit 1994 in der Schweiz. In Shanghai in China soll er Medizin studiert haben. Danach arbeitete er als Assistenzarzt in mehreren Spitälern in der Westschweiz, unter anderem am Unispital Genf. Allerdings nie länger als zwei Jahre.
Jedenfalls gelang es ihm nie, die Gleichwertigkeit seines Diploms zu erlangen, weil er drei Mal durch die eidgenössische Anerkennungsprüfung gefallen ist: «Völlig unzureichender Standard, unfähig die einfachsten Fragen zu beantworten, völlig inkompetent», so die Bewertung der Prüfer. Er sei unter Stress gestanden, so seine Rechtfertigung.

Schwangerschaftstest für einen Mann

Der falsche Arzt muss wegen Betrug und Urkundenfälschung zudem fast fünf Millionen Franken an Versicherungsgesellschaften zurückzahlen, berichten die Medien weiter. Insgesamt 13 Versicherer haben Ansprüche auf Rückforderungen angemeldet. 
Die Patienten sollen dreimal so viel wie der Durchschnittspatient gekostet haben. Die Kontrolle habe sogar einen Schwangerschaftstest festgestellt, der einem Mann in Rechnung gestellt wurde. Zwischen 2009 und 2019 erzielte der falsche Arzt jährlich einen Umsatz von 500'000 Franken.  

Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

«Physioswiss weiss, dass die grosse Mehrheit der Praxen einwandfrei abrechnet»

Trick 7311: Der «K-Tipp» wirft Physiotherapie-Praxen vor, einen zu hohen Tarif abzurechnen. Physioswiss erklärt, was rechtens ist.

image

Bern: Physiotherapie gehört in die integrierte Versorgung

Das Berner Kantonsparlament spricht sich klar für eine Stärkung der Physiotherapie aus: Sie soll in die Notfallstationen integriert werden – und mehr Kompetenzen bekommen. Der Regierungsrat muss dies nun angehen.

image

So will ein Landwirt die Tarifpartner entmachten

Die Hausärzte und Hausärztinnen sollen per Gesetzesänderung besser gestellt werden, verlangt eine Motion: Die Tarifpartner seien dazu nicht in der Lage.

image

Innovative Kinderradiologie am Kantonsspital Baden

Das Kantonsspital Baden setzt in seinem Neubau neue Massstäbe in der patientenfreundlichen Versorgung von Kindern und Jugendlichen. Die Kinderradiologie bietet ein breites Spektrum an diagnostischen und therapeutischen Leistungen und arbeitet eng mit anderen Fachbereichen zusammen.

image

Co-Creation im Gesundheitswesen

Zippsafe revolutioniert mit seinen Produkten das Gesundheitswesen. Ein platzsparendes Spindsystem optimiert Personalumkleiden, während ZippBag und ZippScan den Umgang mit Patienteneigentum verbessern. Erfahren Sie, wie die Produkte durch enge Zusammenarbeit mit Schweizer Spitälern entwickelt wurden.

image

Effiziente Desinfektion: Plastikfrei & nachhaltig

Die Bacillol® 30 Sensitive Green Tissues bieten nachhaltige und effektive Desinfektion. Sie bestehen aus 100% plastikfreien Cellulosetücher und reduzieren CO₂-Emissionen um 25% pro Packung. Mit hoher Reissfestigkeit, grosser Reichweite und Hautverträglichkeit sind sie optimal für Hygiene und Umwelt.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.