E-Patientendossier: Ein grosser Kostenblock für kleine Spitäler

Nicht nur der Kostendruck auf die Spitäler steigt, sondern auch die teuren Anforderungen. Kleinere und mittlere Spitäler ächzen besonders stark unter den Kosten für die Einführung des Elektronischen Patientendossiers (EPD).

, 14. Mai 2019 um 04:00
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In einem Jahr sollte das Elektronische Patientendossier (EPD) bei Spitälern und Kliniken starten. Die fristgerechte Einführung bleibt eine grosse organisatorische und technische Herausforderung, wie auch der Bundesrat Ende Februar bereits einräumte. 
Derzeit arbeiten die Spitäler unter Hochdruck an der Umsetzung. Während die einen Häuser noch Offerten und Verträge für die Anbindung an die Stammgemeinschaft prüfen, sind andere Kliniken viel weiter und erstellen die nötigen Schnittstellen für die internen Systeme.

Rund 200'000 Franken Einmalinvestition

Viele Spitäler sind noch nicht dort, wo sie gerne sein möchten. Vor allem kleinere und mittlere Spitäler dürften den Aufwand hinsichtlich der Anbindung der internen Systeme unterschätzen. Gleichzeitig sind die Kosten, die ein solches IT-Projekt wie die EPD-Einführung mit sich bringen, schwierig abzuschätzen.
Eine Umfrage bei rund einem Dutzend Regionalspitälern zeichnet ein uneinheitliches Bild: Oftmals ist von Einmalinvestitionen zwischen 200'000 und 250'000 Franken die Rede, für den Eintritt in die Stammgemeinschaft und die Anbindungsgebühr an die EPD-Plattform. Hinzu kommen noch Kosten für die Schnittstellen zwischen Universalarchiv und Plattform der Stammgemeinschaft.
Nach der produktiven Einführung rechnen die kleineren und mittleren Spitäler mit wiederkehrende Kosten von rund 120'000 Franken, je nach Betriebsgrösse. Hier schwanken den Spitälern zufolge die Gebühren der einzelnen Anbieter stark. Interne Aufwendungen für die Einrichtung, den Betrieb und die Datenpflege sind noch nicht mit einberechnet. Zudem sind die Preise zum Beispiel für die elektronischen Identitäten noch nicht bekannt, was eine genaue Kostenschätzung wiederum erschwert.

Verschiedene Varianten denkbar

Spitäler können den Ausbaustandard für den Betrieb des Elektronischen Patientendossiers grundsätzlich wählen, was einen Einfluss auf die Kosten hat. Hier existieren verschiedene Varianten: von der Web-Anwendung durch das eigene Personal bis hin zur Vollintegration an die Stammgemeinschaft.
Dieser Entscheid hängt vor allem von den bestehenden IT-Systemen ab, welche die Basis für den Datenaustausch mit dem EPD bilden. Einige Spitäler haben hier bereits vorgesorgt, andere wiederum ersetzen derzeit ihre bestehenden Klinikinformationssysteme (KIS). Investitionskosten: schnell einmal über 1.5 Millionen Franken.

Tarife sinken, Kosten steigen

Für Regionalspitäler, die sowieso in einem schwierigen Umfeld stecken, kann der EPD-Aufbau schnell einmal relativ teuer werden – und allenfalls auch zu Liquidationsengpässen führen. Das stellt die Spitäler vor zusätzliche Herausforderungen. 
Ein Spitaldirektor formuliert es so: «Das Problem der fremdbestimmten Kosten im gesamten Gesundheitsversorgungsbereich wird von Jahr zu Jahr grösser. Und zwar ohne, dass die Tarife entsprechend angepasst werden.» Im Gegenteil, die Tarife werden sogar noch gekürzt.

Das Rennen um das Einrichten läuft

Ebenso sind wohl nicht alle über das versteckte Staatswachstum begeistert, das durch die grösste Betreibergesellschaft Cantosana (Axsana) generiert wird. Die E-Health-Organisation ist je im hälftigen Besitz der öffentlichen Hand und der Leistungserbringerverbänden. 
Andere wiederum dürfte es freuen: Berater, Plattformanbieter oder IT-Profis können sich über die Aufträge im Zusammenhang mit der Einführung des EPD nicht beklagen. Denn die Umsetzung erfolgt hauptsächlich unterstützend mit externen Partnern. 

Zweckmässig und einfach

Während die Kosten für die EPD-Einführung für Spitäler hoch sind und deren Gewinne künftig noch mehr schmälern dürfte, stellt sich abschliessend die Frage nach dem Nutzen. Denn der konkrete Praxistest im Alltag der Leistungsbringer und Patienten steht noch aus. 
Wichtig erscheint vor allem, das EPD als ein unbürokratisches Arbeitsinstrument mit Mehrnutzen für die Leistungserbringer zu etablieren. Und für die Patienten soll das EPD ein übersichtliches und einfach zu bedienendes  Hilfsmittel sein – etwa wie ein gängiges E-Banking-Portal. Von diesen Kriterien hängt dann schliesslich die EPD-Nachfrage der Patientenseite ab. Sonst könnte dem EPD schnell einmal dasselbe Schicksal wie dem elektronischen Impfausweis drohen.
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