Wie lange dauern Arztkonsultationen weltweit? Zu diesem Thema gibt es jetzt auch eine Untersuchung. Ein Team von Ärzten und Gesundheitsökonomen veröffentlichte dazu Daten aus 67 Ländern, wobei es stark darum ging, Zusammenhänge zwischen Arzt-Zeit und gesellschaftlichem Wohlstand zu erfassen.
Und tatsächlich stiess das Team unter Leitung des Hausarztmedizin-Professors Greg Irving, Cambridge, auf entsprechende Gräben. Am einen Extrem stand Bangladesch, wo eine durchschnittliche Arztkonsultation gerade mal 48 Sekunden dauert. Auf der Gegenseite war das reiche Schweden, wo sich der durchschnittliche Grundversorger jedem Patienten 22,5 Minuten lang widmete.
Irving et al. erarbeiteten dabei eine Meta-Studie, in der sie insgesamt 178 Erhebungen auswerteten – worin wiederum über 28,5 Millionen Konsultationen in der Grundversorgung erfasst worden waren.
Deutlich wurde dabei, dass der Arzt-Beruf in vielen Ländern tatsächlich eine Fliessband-Tätigkeit ist, wo gar nicht zu denken ist an eine ausführliche Anamnese: In 15 Ländern dauerte der Durchschnitts-Besuch eines Patienten weniger als 5 Minuten, und in weiteren 25 Ländern waren es unter 10 Minuten.
Triage, Rezept, fertig
«In weniger als 5 Minuten kann wenig erreicht werden, sofern der Fokus nicht auf der Entdeckung und dem groben Management einer Krankheit liegt», schreiben die Forscher. In diesem Zeitrahmen lasse sich kaum mehr bewerkstelligen als Triage und Rezeptverschreibung.
In den Industriestaaten erwies sich die Lage dann als komfortabler, so dass in den USA etwas mehr als 20 Minuten, in Deutschland knapp 18 Minuten oder in England gut 10 Minuten verblieben. In der Schweiz stiessen sie auf zwei Studien, die einerseits 15,6 Minuten, andererseits 17 Minuten auswiesen. Damit gelangte die Schweiz in die Spitzengruppe, zu der neben Schweden und den USA auch noch Norwegen, Finnland und Bulgarien gehörten.
Dauer der Arztkonsultationen im Verhältnis zu den Pro-Kopf-Ausgaben für Gesundheit | Quelle/Grafik: BMJ Open, zitierte Studie
Grundsätzlich stellten die Autoren Korrelationen fest zwischen der Zeitdauer, welche die Ärzte für ihre Patienten zur Verfügung haben, und den durchschnittlichen Gesundheitsausgaben eines Landes, der Dichte der Grundversorger – aber auch zur Burnout-Häufigkeit der Ärzte. Auf der anderen Seite liessen sich keine Zusammenhänge mit der Patientenzufriedenheit festmachen.
Angesichts den Debatten um die Minutagen und der Unzufriedenheit über die neue Grenze für Grundkonsultationen von 20 Minuten dürfte dieser internationale Grossvergleich natürlich hier auf besonderes Interesse stossen.