Corona bringt die Forschung zum Erliegen

Die Corona-Pandemie stoppt die klinische Forschung auf der ganzen Welt. Forschung, die eigentlich Leben retten sollte.

, 25. August 2020 um 06:46
image
  • spital
  • praxis
  • forschung
  • coronavirus
Immer mehr kommen die Schattenseiten der Corona-Pandemie und der rigorosen Massnahmen für die Medizin ans Tageslicht. So wurden weltweit Tausende klinische Studien auf Eis gelegt - oder ganz gestoppt. Eine Analyse der Universität Southampton zeigt nun das verheerende Ausmass in der Forschungslandschaft Grossbritannien.  
Dort wurden von 15'000 laufenden klinischen Studien mehr als 1'500 Analysen mit neuen Medikamenten und Behandlungen für Krebs, Herzerkrankungen und anderen schwerwiegende Krankheiten nach der Covid-19-Pandemie endgültig eingestellt. Weitere 9'000 Studien sind ausgesetzt. Die meisten benötigen zudem grössere finanzielle Unterstützung, wenn sie wieder aufgenommen werden sollen.

Infektionsrisiko und fehlendes Geld 

«Diese Pandemie hat alles aus der Bahn geworfen», sagt Michael Head von der Southampton Universität zur britischen Zeitung «The Guardian». Die Forschung gebe den Wissenschaftlern und der nächsten Generation das Wissen, das man brauche, um Krankheiten auf neue Weise anzugehen. Und wenn dies nicht geschehe, würden alle Bereiche der Gesundheit darunter leiden, so Head. 
Grund für den Stillstand sind Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von Patienten für klinische Studien, da diese einem Infektionsrisiko ausgesetzt wären. Gleichzeitig fehlt in Grossbritannien auch das Geld für die Finanzierung, da diese Organisationen unter den erschwerten Bedingungen grosse Umsatzrückgänge hinnehmen mussten. 

Überlebensraten werden sich nicht verbessern

Dies führt dazu, dass drastische Kürzungen in den Forschungsbudgets vorgenommen werden müssen. So sind dieses Jahr in Grossbritannien statt umgerechnet rund 480 Millionen Franken nur knapp 300 Millionen Franken für die Krebsforschung verfügbar. Auch in anderen Bereichen der Medizin kommt die Forschung immer mehr zum Erliegen. Experten sind sich einig, dass sich dadurch Überlebensraten von Krankheiten nicht verbessern, sondern sich wahrscheinlich eher verlangsamen oder stoppen.
Auch in der Schweiz kommt es aufgrund von Covid-19 zu Projektverzögerungen, wie die Organisation Krebsforschung Schweiz auf Anfrage mitteilt. Dies betreffe nicht nur klinische Forschungsprojekte, sondern auch Projekte in anderen Forschungsbereichen: zum Beispiel Grundlagenforschung oder psychosoziale Forschung. Konkrete Zahlen für die Schweizer Forschungslandschaft liegen allerdings nicht vor.
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Dieser Arzt lebt seit 25 Jahren ohne Stuhl

Stühle seien gesundheitsschädlich, findet der Arzt Martin Oswald (73). Er meidet sie – um gegen Thrombosen, Verstopfung und Krampfadern vorbeugen.

image

«Physioswiss weiss, dass die grosse Mehrheit der Praxen einwandfrei abrechnet»

Trick 7311: Der «K-Tipp» wirft Physiotherapie-Praxen vor, einen zu hohen Tarif abzurechnen. Physioswiss erklärt, was rechtens ist.

image

Bern: Physiotherapie gehört in die integrierte Versorgung

Das Berner Kantonsparlament spricht sich klar für eine Stärkung der Physiotherapie aus: Sie soll in die Notfallstationen integriert werden – und mehr Kompetenzen bekommen. Der Regierungsrat muss dies nun angehen.

image

So will ein Landwirt die Tarifpartner entmachten

Die Hausärzte und Hausärztinnen sollen per Gesetzesänderung besser gestellt werden, verlangt eine Motion: Die Tarifpartner seien dazu nicht in der Lage.

image

Innovative Kinderradiologie am Kantonsspital Baden

Das Kantonsspital Baden setzt in seinem Neubau neue Massstäbe in der patientenfreundlichen Versorgung von Kindern und Jugendlichen. Die Kinderradiologie bietet ein breites Spektrum an diagnostischen und therapeutischen Leistungen und arbeitet eng mit anderen Fachbereichen zusammen.

image

Zurück auf die Beine: Stimulation hilft Gelähmten beim Gehen

Ein neues Verfahren aus Lausanne verbindet Rückenmark-Stimulation mit Robotik – um bei Querschnittgelähmten die Muskelkoordination zu verbessern. Das System könnte weltweit in Reha-Kliniken eingesetzt werden.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.